Sogar Tiere werden mancherorts besser behandelt als Frauen
13. August 2009Die pakistanische Verfassung von 1956 räumt jedem Bürger - egal ob Mann oder Frau - vor dem Gesetz gleiche Rechte ein. Doch Allah allein ist der Herrscher über das Land und seine Menschen, das heißt der Islam und seine Gebote bekommen schon in der Verfassung einen großen Platz eingeräumt. Bis zu einer sehr konservativen und in vielerlei Hinsicht nach westlichen Maßstäben frauenfeindlichen Auslegung des Islam ist es da nur noch ein kleiner Schritt.
Land der Gegensätze
„Natürlich ist das Bewusstsein gewachsen, dass den Frauen auch durch die Verfassung Rechte gegeben wurden.“ Immer mehr Frauen strömen in die politischen Parteien des Landes und arbeiten in einflußreichen Positionen in der Wirtschaft. Die Regierung von Ex-Präsident Musharaff hatte zudem eine Quotenregelung eingeführt, die im Parlament als auch in den Ländervertretungen Sitze für Frauen reserviert. Wie so oft gibt es viele Wahrheiten, sagt Madeeha Gauhar. Sie hat am eigenen Leib erfahren, wie konservativ die pakistanische Gesellschaft noch immer ist. Ihre erste Ehe zerbracht, weil ihr Ehemann und ihre Familie die Schauspielerei als einen „unehrenhaften“ Beruf empfanden. Die hochgebildete, erfolgreiche und damit auch selbstbewußte und unabhängige Madeeha habe Schande über ihre Familie gebracht, hieß es. Selbst über die Morddrohungen religiöser Fanatiker lacht sie inzwischen.
Ungebildete Mütter – ungebildete Töchter
Heute noch sind die Familien mit durchschnittlich sechs bis acht Kindern zu groß, als dass alle Kinder zur Schule gehen können. Bücher, Schuluniformen, Transport – all das kostet Geld. Und so wird die Schulbildung der Mädchen zuerst geopfert. Nur etwa 40 km von der Hauptstadt Islamabad entfernt, in dem kleinen Dorf Chira sitzen fast 50 Mädchen in einer Klasse. Shabana Mushtaq ist die Direktorin der Schule. Sie beklagt, dass die meisten Mädchen noch nicht mal bis zur 10. Klasse kommen. „Sie werden verheiratet oder irgendwann sagen die Eltern, dass sie genug studiert haben. Wenn gerade die Mütter ungebildet sind, dann können sie ihre Töchter auch nicht unterstützen. Es ist ein Teufelskreis.“ Badra Hatoon ficht das nicht an. Die Sechzehnjährige hat große Träume: „Wenn ich groß bin, möchte ich etwas für mein Land tun, die Armut verringern“ Sie hat Glück und darf zur Schule gehen.
Terrorbekämpfung geht vor Gleichstellung
Der Kampf der USA gegen die Taliban in Afghanistan und der Krieg gegen den Terror haben das Land zusätzlich destabilisiert und ausgezehrt. Die Stammesgebiete, die nach Meinung von Experten als Rückzugsgebiete der Taliban und anderer islamistischer Gruppierungen gelten, sind von Islamabad aus kaum regierbar. Der Konflikt ist inwzischen auch in das einst bei Touristen beliebte Swat-Tal in der North-West-Frontier-Province vorgedrungen. Traurige Höhepunkte, die die angespannte Sicherheitslage verdeutlichen, waren die Ermordung der Oppositionsführerin Benazir Bhutto im Dezember 2007 und der Anschlag auf das Marriott-Hotel in Islamabad, mit hunderten von Toten. Korruption und die in weiten Teilen des Landes noch vorherrschende Armut begünstigen die Diskriminierung von Frauen.
Autorin: Priya Esselborn
Redaktion: Peter Koppen