Simbabwe: Stillstand und Verzweiflung statt Feierlaune
26. Februar 2016Eine prächtige Party soll es werden. Heute begeht Präsident Robert Mugabe seinen 92. Geburtstag – wie eh und je mit großem Pomp und tausenden von Gästen. Während der wie ein Heiliger von seinen Anhängern verehrte Staatschef feiert, leidet die Bevölkerung Simbabwes unter einer schweren Dürre: Mehr als drei Millionen Menschen in dem südafrikanischen Land sind auf Lebensmittelhilfen aus dem Welternährungsprogramm der Uno angewiesen.
Knapp 900 000 Euro soll das Mega-Event zu Ehren Mugabes kosten, das in der Stadt Masvingo steigen soll – in eben jener gleichnamigen Provinz, die von der Trockenheit am meisten betroffen ist. Die Bevölkerung dort ist aufgebracht: "Das ist reiner Hohn", meint ein Passant. "Ich finde, Mugabe setzt die falschen Prioritäten" sagt ein anderer, "statt hier dieses überflüssige Fest abzuhalten, hätte man Nahrung für die Hungernden in Masvingo kaufen können".
Noch letzte Woche bat die simbabwische Regierung die internationalen Geber um Lebensmittelhilfe in Höhe von 1,4 Millionen Euro. Ein Viertel der Bevölkerung leidet unter der Dürre. Mugabe sei ein gefühlskalter Anführer, meint Pedzisai Ruhanya, Direktor des "Zimbabwe Democracy Institut (ZDI) im Gespräch mit der Deutschen Welle."Er ist ausschließlich am Machterhalt interessiert und keineswegs an der Verbesserung der Lebensbedingungen seiner Leute", so Ruhany, "er ist ein selbstsüchtiger, engstirniger und individualistischer Mensch."
Kampf um Mugabes Nachfolge
Die Partei des greisen Staatschefs, Zanu-PF, ist tief gespalten. Funktionäre in Partei und Regierungsapparat tragen ihre Schlammschlachten mit gegenseitigen Beleidigungen in Zeitungen und sozialen Medien aus. Diese üblen Streits sind wohl ein Ergebnis von Mugabes Versäumnis, frühzeitig seine Nachfolge zu regeln. "Das Wort 'Nachfolge' Mugabes ist im Wortschatz der Partei gar nicht vorhanden", erklärt der Politologe Alexander Rusero im Gespräch mit der DW. Der ewige Präsident sei "das Alpha und Omega" der Zanu-PF. Das bekam zum Beispiel die frühere Vizepräsidentin Joyce Mujuru zu spüren, die Mugabe angeblich beerben wollte. Sie wurde 2014 aus der Partei ausgeschlossen.
Mugabes glamouröse Gattin Grace setzt sich derweil für eine weitere Kandidatur des dann 94-jährigen Mugabes bei den nächsten Wahlen im Jahr 2018 ein. Sie hat sich vorerst mit dem Vorsitz der - ebenfalls einflussreichen - Zanu-PF-Frauenliga zufrieden gegeben. "Politik ist ein Machtspiel um die Ressourcen", analysiert Alexander Rusero. Allein Mugabe verkörpere die gesamte Macht im Staate. "Je näher man ihm und seiner Familie steht, desto besser."
Schwache Opposition
Mugabe hat kaum etwas von Opposition zu befürchten. Sie hat sich von der Wahlniederlage 2013 nicht mehr erholt und ist heute zerstritten und gespalten. Weder die ehemals vom Westen stark unterstützte Movement for Democratic Change (MDC-T) des Morgan Tsvangirai – er war in der Koalitionsregierung 2009 bis 2013 Premierminister – noch die Partei "People First Movement" von Joyce Mujuru können dem Machthaber gefährlich werden. "Diese beiden Parteien müssten eine Zusammenarbeit vereinbaren, aber danach sieht es nicht aus", sagt der Simbabwer und Entwicklungswissenschaftler Brian Raftopoulos von der Universität Kapstadt. Außerdem kontrolliere die Regierungspartei immer noch den Wahlprozess. Kaum jemand glaube, dass die Wahlkommission unabhängig agiere.
Brachliegende Wirtschaft
Indessen leidet die Bevölkerung. Simbabwes Lebensmittel werden immer knapper. Die Inflation steigt dafür ins Unermessliche. Täglich fällt der Strom aus. 94 Prozent der Simbabwer sind verarmt und müssen im informellen Sektor überleben, weiß Brian Raftopoulos. Die industrielle Produktion, die in den 1980er Jahren ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts ausgemacht habe, sei fast zum Erliegen gekommen, so der Wissenschaftler. "Dadurch ist auch die Arbeiterbewegung, die treibende Kraft der Opposition in den 1990er und 2000er Jahren, stark geschwächt worden".
Überdies würden die Einnahmen aus dem Verkauf der Mineralien, etwa an den größten Handelspartner Simbabwes China, völlig intransparent verwaltet. Erst vergangenen Montag hat die Regierung sieben Diamantenminen beschlagnahmt. Die Lizenzen der Bergwerke in der östlichen Marange Region seien abgelaufen, hieß es. Einen Monat zuvor hatte Präsident Mugabes Regierung eine staatseigene Konzerngesellschaft gegründet, die den Abbau der Edelsteine in Marange nun übernehmen will. Abgeschnitten vom Ressourcenreichtum versuchten die meisten Menschen, "von Tag zu Tag schlicht zu überleben" sagt Raftopoulos.
Rechtlosigkeit und Depression
Dabei müssen sie noch mit zusätzlichen Repressionen rechnen, wie Verteter der unabhängigen Vereinigung "Anwälte für Menschenrechte" vergangenen Mittwoch dem Parlament in Harare vortrugen. Lokale Amtsträger und Polizei würden informelle Händler verjagen, die so manchmal ihre gesamten Waren verlören. Außerdem würden in einigen von der Dürre geplagten ländlichen Gebieten die Hilfsgüter je nach Parteizugehörigkeit verteilt.
Dennoch gibt es kaum Proteste gegen Robert Mugabe. Warum, erklärt der Bericht eines Forschungsinstituts in Harare: "90 Prozent der Menschen in Simbabwe fühlten sich danach nicht frei genug für Kritik an Mugabe."
Mitarbeit von Privilege Musvanhiri