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Sierens China: Grüner oder schwarzer Tee

Frank Sieren20. Oktober 2015

Da haben sich zwei gefunden: China sucht eine Alternative zu Deutschland in Europa. Und Großbritannien sucht einen Partner, der die marode britische Infrastruktur saniert und finanziert, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Teekanne und Teetasse (Foto: Picture-Alliance)
Bild: picture-alliance/Arco Images GmbH

Wenn die Queen den chinesischen Präsidenten zu sich einlädt, dann auf die feine englische Art: Mit einem offiziellen Brief, überreicht von Prinz William auf seiner letzten Chinareise im März. Seit Hu Jintaos Besuch 2005 ist Xi Jinping nun der erste chinesische Präsident, der Großbritannien persönlich einen Besuch abstattet. Neben formellen und informellen Dinners, ausgerichtet von der Queen, trifft sich Xi mit Premier David Cameron sowie während des Staatsbanketts mit dem Führer der oppositionellen Labour Party Jeremy Corbyn.

Allerdings ist nicht jeder im britischen Königshaus erfreut über den hohen Besuch aus Asien. Prinz Charles, der als Unterstützer des Dalai Lama gilt, wird nicht am Bankett der Queen teilnehmen. Dafür wollen der Thronanwärter und seine Frau Camilla Xi und seine Frau Peng Liyuan bei sich im Clarence House zum Tee treffen. So ganz gegen die britische Gastfreundlichkeit will sich Prinz Charles also dann doch nicht stellen.

China repariert britische Infrastruktur

Denn Großbritanniens Straßen-, Schienen- und Stromnetze sind marode. Und ein wichtiger Teil der chinesischen Außenpolitik ist es, in fernen Ländern die Infrastruktur zu entwickeln. Bisher hat China das vor allem in Schwellenländern getan. Nun tut Peking das also auch in Großbritannien. Allein über 16 Milliarden Euro investieren die Chinesen für ein Bahnprojekt, das London 2026 durch eine Hochgeschwindigkeitsstrecke mit dem Norden verbinden soll. Zudem bauen sie neue Autobahnen. Und für den Bau ein neues Atomkraftwerk im Südosten Englands bringen die Chinesen gleich die Finanzierung in Höhe von 2,65 Milliarden Euro mit. Gleichzeitig hält Peking inzwischen nicht nur zehn Prozent an Englands größtem Wasserwerk Thames Water, sondern baut auch die Flughäfen Heathrow und Manchester aus.

Doch nicht nur Infrastrukturprojekte binden China und Großbritannien immer enger zusammen, sondern auch der immer stärker werdende Handel. Allerdings ist Großbritannien mit großem Abstand nur der zweitwichtigste Handelspartner der Chinesen in Europa. Der Handel mit Waren zwischen China und Großbritannien ist 2014 um 15,3 Prozent erstmalig auf mehr als 80 Milliarden US-Dollar gestiegen. Zwischen Deutschland und China beträgt er 150 Milliarden Euro. Auf dieser Reise soll neben Infrastruktur und Handel das dritte Standbein der chinesisch-britischen Beziehungen ausgebaut werden: die Zusammenarbeit bezüglich der chinesischen Währung Renminbi.

Frank Sieren (Foto: Marc Tirl)
Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

London Drehkreuz für Handel mit chinesischer Währung?

Seit etwa drei Jahren arbeitet Großbritannien daran, das westliche Drehkreuz im Handel mit dem chinesischen Renminbi (RMB) zu werden. Der wird auf dem Weltmarkt von Jahr zu Jahr wichtiger: 2014 ist der RMB-Devisenhandel in London um 143 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Der tägliche Umsatz erreichte dabei weltweit bis zu 65 Milliarden US-Dollar – sechsmal so viel wie noch 2011. HSBC und Deutsche Bank gehen davon aus, dass der Renminbi schon 2020 frei konvertierbar sein wird. In London hat man dies früh erkannt. So gehörte Großbritannien zu den Ersten, die den Renminbi zur Devisenreserve machten. Im vergangenen Jahr waren es schon mehr als 20 Milliarden RMB, 37 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor.

London fährt dabei vorne weg und versucht, den Vorsprung weiter auszubauen. London und Peking sind sich einig. Egal, ob sie grünen oder schwarzen Tee trinken, Hauptsache die Wirtschaftsbeziehungen brummen. So reiste etwa der Bürgermeister der City of London Alan Yarrow erst im vergangenen Monat mit einer Wirtschaftsdelegation nach China, um weitere Kooperationen mit chinesischen Unternehmen im Finanz- und Kapitalmarkt auszuloten und auch die Gespräche mit Chinas Staats- und Parteichef Xi vorzubereiten. London wird sich dafür einsetzen, dass der Renminbi eine stärkere internationale Rolle als Währung im Internationalen Währungsfonds (IWF) spielt.

Peking setzt auf London als wichtigen Partner

Noch vor Frankfurt und der Schweiz hat in London die erste RMB-Clearing-Bank Europas aufgemacht. Großbritannien war zudem im März schon das erste westliche Land, welches bei der Asiatischen Infrastrukturbank AIIB, die von Peking initiiert ist, Mitglied wurde. Das britische Engagement für den Renminbi wird in Peking dankbar aufgenommen. Denn China will seine Währung so schnell wie möglich zur Weltwährung ausbauen. Da kommt Großbritannien gerade recht. Der positive geostrategische Nebeneffekt: Peking baut zusätzlich zu Deutschland einen zweiten wichtigen Partner in Europa auf. Das sollte Berlin nicht unterschätzen.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.