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Angriff auf Alibaba

Frank Sieren30. September 2014

Kaum hat Alibaba seinen Börsengang hinter sich, macht sich auf dem Heimatmarkt ein neuer Konkurrent breit. Und der hat ohne Frage die Ressourcen, um dem Platzhirsch gefährlich zu werden, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Logo des Alibaba-Konzerns - Foto: EPA
Bild: picture-alliance/dpa

Noch nie hat ein chinesisches Unternehmen in den westlichen Medien so stark von sich reden gemacht, wie in den vergangenen Wochen und Monaten Alibaba und sein Firmengründer Jack Ma. Schon im Vorfeld war man sich sicher, dass der in New York geplante Börsengang Rekorde brechen wird. Und die Aktien des chinesischen Onlinehändlers haben schließlich nicht enttäuscht: Um etwa 30 Prozent legten sie in der ersten Woche nach dem Start zu. Jetzt ist der Konzern mit geschätzten 230 Milliarden Dollar mehr wert als die US-Rivalen Amazon und Ebay zusammen. Der größte Gewinner ist dabei Ma selbst: Die Erträge durch seine Anteile an der Firma machen ihn zum reichsten Mann Chinas, mit einem Vermögen von nun knapp 27 Milliarden US-Dollar.

Allerdings: Besonders lange hielt das Kursfeuerwerk um die Alibaba-Aktie nicht an. Einen Großteil der Aufwärtsbewegung sahen die Papiere gleich am ersten Handelstag. Den Rest der Woche dümpelten sie eher vor sich hin. Wahrscheinlich hat man an der Wall Street schon verstanden, dass das Märchen von Alibaba, Ma und den Milliarden nicht unbedingt ein Happy End haben muss. Schon gar nicht, wenn sich bald ein neuer Konkurrent auf dem Heimatmarkt breit machen wird. Gegründet wurde dieser neue Wettbewerber jetzt ausgerechnet von Wang Jianlin. Der 60-Jährige Unternehmer dürfte überhaupt nicht glücklich darüber sein, dass Ma seit einigen Wochen Chinas Reichenranking anführt. Schließlich hatte Wang diesen Titel vorher selbst inne. Und mit dem zweiten Platz möchte er sich nicht begnügen, weshalb er nun mit seiner Wanda Group, einem Dinosaurier aus der Old Economy, zum Angriff auf Alibaba geblasen hat.

Milliarden-Investitionen in Konkurrenten

Frank Sieren - Foto: Frank Sieren
DW-Kolumnist Frank Sieren

Gemeinsam mit Alibabas direktem Rivalen Baidu und Tencent will Wanda eine eigene Online-Handelsplattform in China an den Start bringen. Die Idee ist, dass Wandas mehr als 100 Einkaufszentren und Kaufhäuser, die Such- und Kartendienste von Baidu, das soziale Netz WeChat und der Bezahldienst Tenpay von Tencent ihre Kräfte bündeln und ein nahtloses Einkaufserlebnis schaffen. Innerhalb von fünf Jahren wollen die drei Partner 20 Milliarden Yuan (etwa 2,6 Milliarden Euro) in einen neuen Dienst investieren, der den Kunden das Einkaufen per Internet und offline in Immobilien der Wanda-Group - wie Hotels oder Einkaufszentren - ermöglichen wird.

Mit den kombinierten Vorteilen der drei Partner ist es also gar nicht mal abwegig, dass man dem Konkurrenten Alibaba und seiner Online-Handelsplattform Taobao Kunden abnimmt. Schon gar nicht, wenn Wang jederzeit mit einer finanziellen Spritze bereitstehen kann. Sein Konzern-Imperium ist riesig und erfolgreich. Die 1988 von ihm gegründete Dalian Wanda Group ist einer der führenden chinesischen Privatkonzerne, der nun schon das achte Jahr in Folge um mindestens 30 Prozent gewachsen ist. Zuletzt lag der Umsatz bei rund 186 Milliarden Yuan (24 Milliarden Euro).

Erfolg durch Auslandsinvestitionen

Das rasante Wachstum gelingt Wanda vor allem durch Zukäufe im Ausland. 2012 übernahm der Konzern die amerikanische Kinokette AMC für 2,6 Milliarden US-Dollar. Im selben Jahr schloss die Gruppe die Übernahme des britischen Yacht-Herstellers Sunseeker International ab und investierte 868 Millionen Euro in ein Luxushotel und ein Apartmentprojekt in London. Im Juni 2014 kaufte das Unternehmen für 266 Millionen Euro ein Wahrzeichen von Madrid, das Edificio Espana, und ein Monat später für 662 Millionen Euro ein Gebäude im Hafenviertel von Chicago. Laut eigener Angaben will das Unternehmen bis zum Jahr 2020 Fünf-Sterne-Hotels in 12 bis 15 Großstädten auf der ganzen Welt besitzen.

Wangs Geschäfte laufen also prächtig und er ist nicht unbedingt auf den Erfolg seiner neuen Internetsparte angewiesen, um im Reichenranking wieder an Ma vorbeizuziehen. Der erneute Führungswechsel könnte sogar noch dieses Jahr klappen. Vergangene Woche reichte Wanda Papiere für einen Börsengang seiner Immobiliensparte in Hongkong ein. Man vermutet, dass Wanda durch den Börsengang um die sechs Milliarden US-Dollar verdienen wird. Das hätte dann zwar längst nicht die Dimension eines Alibaba-Börsengangs, aber läuft der Start an der Börse für Wanda gut, wird Wang Jianlin genug Geld einnehmen, um wieder an Ma vorbeizuziehen. Auch unter den ganz großen Chinas belebt Wettbewerb also das Geschäft.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.