'Sie haben es verdient'
10. Oktober 2007In 38 der 50 Bundesstaaten der USA gibt es die Todesstrafe. Mehr als 1000 Menschen sind hingerichtet worden, seitdem der Supreme Court in Washington, das höchste Gericht in den USA, die Hinrichtung von Verurteilten im Jahr 1976 wieder erlaubte. Nach der jüngsten Umfrage des Gallup-Instituts sprechen sich 65 Prozent der US-Bürger für die Todesstrafe aus. Der New Yorker Rechtsprofesser Robert Blecker ist einer von ihnen. Er gibt zu, dass der Rückhalt in der Bevölkerung in den letzten Jahren gesunken ist. "Aber im großen und ganzen," sagt er, "liegt der Anteil der Todesstrafenbefürworter bei zwei Dritteln." Nach einem besonders schrecklichen und abscheulichen Mord steige die Zahl der Befürworter, sagt er, wenn es Hinweise gebe, dass ein Hingerichteter unschuldig sei, gebe es weniger Befürworter.
Frage der Alternative?
Ronald J. Tabak widerspricht. Tabak ist Vorsitzender einer Sektion des Kommittees zur Todesstrafe der Amerikanischen Anwaltskammer. "Wenn die Umfragen eine Alternative anbieten, und zwar die, die tatsächlich die Alternative zur Todesstrafe in vielen Staaten ist: Lebenslänglich ohne Bewährung, dann sinkt die Unterstützung für die Todesstrafe dramatisch."
In einer entsprechenden ABC NEWS/Washington Post Umfrage von 2006 waren es die Hälfte der Befragten, die sich für die Todesstrafe aussprachen, etwas weniger plädierten für lebenslang ohne Bewährung. Professor Blecker sagt, er habe sich in den Gefängnissen umgesehen. Die lebenslänglich Verurteilten hätten nach einer gewissen Zeit durchaus Spaß am Leben, würden Sport treiben und zum Beispiel Filme sehen dürfen. "Wenn man sich also anschaut, wie die Gefangenen dort Tag für Tag tatsächlich leben, dann ist lebenslänglich keine angemessene Alternative für jene, die eigentlich den Tod verdient haben."
Auch hier hat Ronald Tabak eine andere Ansicht. "Der Grund, warum viele Verurteilte auf ihren Einspruch verzichten und hingerichtet werden ist, dass sie Angst davor haben, was Lebenslang für sie bedeuten würde."
"Pflicht zu exekutieren"
Dass unter den Hingerichteten auch Unschuldige sind, auch wenn es keine hundertprozentigen Beweise dafür gibt, davon gehen sowohl Befürworter als auch Gegner der Todesstrafe aus. Doch das Risiko, so Blecker, müsse man in Kauf nehmen. Allerdings, so der Dozent der New York Law School, müsse man hohe Ansprüche an die Beweisführung stellen. Warum er für die Todesstrafe ist, kann Blecker in wenigen Worten zusammenfassen: "Manche Menschen verdienen es zu sterben. Und wir haben die Pflicht sie zu exekutieren. So einfach ist es. Das ist Gerechtigkeit."
"Eine Farce"
"Dass mehr Schwarze als Weiße hingerichtet werden, sei nicht ganz so einfach zu erklären, wie es den Anschein habe, behauptet Blecker. Es gebe aber in der Tat eine Diskriminierung von Schwarzen. Diese und andere Ungerechtigkeiten des Systems sieht Ronald Tabak auch. Seine Schlussfolgerung ist eine andere: "Wir sollten nicht Gott spielen und entscheiden, wann Menschen sterben." In Kanada, Mexiko, Südamerika, Europa, im ehemaligen Ost-Block und in immer mehr afrikanischen Ländern sei es gelungen, Justizsysteme aufzubauen, in denen niemand hingerichtet wird. "Es ist eine Farce, dass die USA, die sich für einen der großen Fürsprecher der Menschenrechte halten, zu den stetig weniger werdenden Ländern gehören, die immer noch viele Menschen hinrichten."