Serbenrepublik Medienboykott
18. März 2010Es ist nicht das erste Mal, dass die Regierung der bosnisch-herzegowinischen Teilrepulik Republika Srpska (Serbenrepublik) ihre Mitarbeiter dazu aufgerufen hat, bestimmte Medien zu boykottieren. Zunächst betraf der Boykott nur die Medien der anderen bosnisch-kroatischen Teilrepublik Föderation Bosnien-Herzegowina. Nun hat der Regierungschef der Serbenrepublik Milorad Dodik die Anweisungen auch auf die eigenen Medien erweitert. Mitarbeiter der Ministerien und der staatlichen Behörden müssen ihre Vorgesetzten nun informieren, bevor sie Erklärungen an bestimmte Medien abgeben.
Grund sei, dass die Medien in der Republika Srpska ebenso wie in der Föderation Bosnien-Herzegowina "tendenziös und falsch über die Regierung berichten". Journalistenverbände in Bosnien-Herzegowina betrachten dieses Verhalten der höchsten Staatsorgane der Serbenrepublik gegenüber den Medien als "unhaltbar in einer demokratischen Gesellschaft".
"Mehr als nur eine Medienanweisung"
"Dies ist arrogant und ein Versuch, die Medien zu Dienern und Instrumenten einer politischen Strömung zu machen", sagt Emir Habul, Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Senders "BH Radio 1" aus Sarajevo. "Solche Machenschaften sind selbst beim niedrigsten demokratischen Standard in einem Land unzulässig."
Doch das Vorgehen ist nicht neu: Auf das Konto der Regierung - vornehmlich auf das von Premier Dodik - gehen bereits Verbalattacken gegen Journalisten des Fernsehens der Föderation und die Regulierungsagentur für Kommunikation.
Zuckerbrot und Peitsche
Auch eine ähnliche Weisung gab es schon einmal von der Regierung der Republika Srpska gegen den Rundfunk von Bosnien-Herzegowina, auch wenn nur kurzfristig. Medienexperten zufolge verstößt die Regierung der Republika Srpska mit dieser Weisung gegen das Gesetz, weil sie öffentlich-rechtlichen Sendern in Bosnien-Herzegowina Informationen verweigert. Für Savket Hafizovic, Mitglied der muslimischen "Partei für Demokratische Aktion", ist dies auch ein Signal an die übrigen Medien in der Republika Srpska, "dass sowohl die Print- als auch die elektronischen Medien im Dienst des Regimes stehen. Dies ist das Schlimmste, was in einer Bürgergesellschaft passieren kann."
Die Weisung der Regierung betrachten Experten nun als Peitsche, nachdem das Zuckerbrot nicht gewirkt hat: Die Regierung in Banja Luka zahlte Ende 2009 rund 2,5 Millionen Euro auf das Konto der etwa 70 Medien in der Serbenrepublik, die nicht zurückgezahlt werden mussten. So mancher Journalist wertete dies als Einflussnahme und Verlust der Eigenständigkeit. Diesen Schritt der Regierung kritisierte auch die Opposition und bezeichnete die Geldspende als direkten Druck auf die Medien.
Dusan Stojcic aus der oppositionellen "Serbischen Demokratischen Partei" meint, "dies ist nun die Kehrseite. Zunächst wurden die Medien mit Zuckerbrot gelockt, und als das nicht die erwarteten Ergebnisse brachte, gibt es nun die Peitsche, um sie zu disziplinieren."
Parteiinteressen statt Regierungspolitik?
Nach Einschätzung des Journalisten Erduan Katana zeigt der Umgang der Regierung der Serbenrepublik mit den Medien, dass in der Führungsriege Panik herrsche, weil in einigen Umfragen die Popularität der stärksten Partei im Lande, der "Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten" von Premier Dodik, abgenommen habe. Dies sei ein Versuch, zusätzlich Druck auf die Medien auszuüben, "um so die Position der Partei zu verbessern. Offenbar haben die 2,5 Millionen Euro, die die Regierung den Medien gegeben hat, nicht die gewünschten Resultate gebracht.
Allianz in Erklärnot
Der Parlamentspräsident der Serbenrepublik und Generalsekretär der Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten, Igor Radojcic, sagt dagegen, die aktuelle Lage bei den Medien müsse aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden. Denn Tatsache sei, dass Medienfreiheit bestehe, aber einige Medien die Verantwortung für ihr Tun nicht übernähmen. "Das Verhältnis zwischen Gesetzestreue und Medienfreiheit scheint mir unausgeglichen. Denn Medienfreiheit bedeutet nicht absolute Freiheit. Die Freiheit wird in dem Moment eingeschränkt, wenn ein anderer seiner Rechte beschnitten wird", so die Rechtfertigung Radojcics.
Der eingeschränkte Kontakt mit den Medien ist auch auf scharfe Kritik der internationalen Gemeinschaft gestoßen. Die OSZE erinnerte daran, dass Bosnien-Herzegowina einer der ersten Staaten in der Region war, der das Informationsgesetz einführte und die Instruktionen der Regierung der Republika Srpska verstießen nun gegen dieses Prinzip.
Autoren: Dragan Maksimovic / Mirjana Dikic
Redaktion: Nicole Scherschun