Sebastien Buemi: "Du musst schnell sein und Energie sparen"
21. Juni 2019DW: Sie nehmen an diesen Rennen in Bern teil, dass nur gut eine Stunde von ihrer Heimat Aigle entfernt ist. Wie fühlt es sich an, so nah an der Heimat zu sein?
Sebastien Buemi: Ein gutes Gefühl, aber auch komisch. Das bin ich nicht gewöhnt. Letztes Jahr in Zürich war es schon so etwas wie ein Heimrennen, aber das war noch deutlich weiter entfernt von meiner Heimat. Dieses Jahr ist es deutlich näher und es ist einfach toll.
Wollten Sie als Kind auch schon ein Rennen in Ihrer Heimat fahren?
Ein Fahrer zu werden, davon habe ich schon lange geträumt. Aber zuhause zu fahren war niemals ein Traum, weil es verboten war (Anmerk. d. Red.: Motorsport war in der Schweiz nach dem Desaster von Le Mans 1955, als 80 Menschen getötet wurden, verboten. Die Schweizer Regierung lockerte diese Gesetzgebung im Jahr 2015 und erlaubte Rennautos mit elektrischem Antrieb.). Deshalb ist es natürlich toll dass wir jetzt hier sein können.
Wie hat sich das Land in Bezug auf die sechs Jahrzehnte Motorsport-Abwesenheit verändert?
Ich würde nicht sagen, dass es die Schweiz verändert hat. Aber wir haben eine große Fan-Basis, vor allem im Verhältnis zur Größe des Landes. Viele Leute folgen intensiv der Formel 1 oder überhaupt dem Motorsport. Ein Formel-E-Rennen hier zu haben ist also eine große Sache.
Sie sind in der größten Motorsportserie, der Formel 1, gefahren, bevor sie in die Formel E wechselten. Vermissen Sie die F1?
Um ehrlich zu sein, nicht mehr so sehr. Ich bin sehr mit der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft beschäftigt und arbeite immer noch für das Red-Bull-Team im Simulator. Von daher vermisse ich es nicht. Ich denke aber, dass ich hätte besser sein können, als ich noch in der F1 war. Aber ich bin auch richtig glücklich über das, was ich gerade mache und bin sehr auf meinen Job fokussiert.
Was sind die Unterschiede zwischen der Formel 1 und der Formel E?
Es ist in einigen Teilen unterschiedlich. Das Renn-Format ist unterschiedlich, weil alles am Samstag passiert. Die Rennstrecken sind sehr unterschiedlich, weil wir ausschließlich in Innenstädten fahren und die sehr eng sind. Auch das Auto selbst ist sehr unterschiedlich, weil es schwerer ist. Und wir haben keine Slicks und deutlich weniger Abtrieb - und es ist ein Elektro-Auto. Von außen betrachtet sieht es gar nicht so unterschiedlich aus. Aber wenn man es fährt, gibt es schon einige Unterschiede.
Muss man taktisch anders an ein Rennen herangehen? Oder ist es nur eine Frage, wie hart man auf das Gas tritt?
Ein Qualifying bleibt ein Qualifying. Es geht dabei nur darum, wie schnell man fährt. Aber in einem Rennen muss man auch an Dinge wie Energie-Management und Energie-Effizienz denken. Und was man im Rennen erlebt ist komplett unterschiedlich zu dem in der Formel 1. Du musst in der Formel E schnell sein während du Energie sparst. Das ist nicht einfach.
Können Sie beschreiben, was während eines Rennens alles durch ihren Kopf geht?
Ich versuche mich die ganze Zeit darauf zu konzentrieren, es Runde für Runde besser zu machen. Ich will eine perfekte Runde nach der anderen fahren. Deshalb würde ich sagen, ich versuche sehr konzentriert zu bleiben. Auf einer Straßenstrecke mit sehr kurzen Geraden gibt es nicht viel Zeit, an irgendetwas anderes zu denken. Ich muss als Fahrer sehr fokussiert bleiben.
Spielen Emotionen keine Rolle?
Ich bin sogar eine sehr emotionale Person. Deshalb bin ich manchmal auch enttäuscht oder sehr zufrieden. Aber ich versuche diese Gefühle so gut es geht unter Kontrolle zu halten.
Das Interview führte Gerhard Sonnleitner
Sebastien Buemi, 30, ist ein Schweizer Rennfahrer beim Team Nissane.adams Formel E. Buemi ist im Jahr 2014 dieser Rennserie beigetreten. zudem fährt er für Toyota Gazoo Racing die FIA Langstrecken-Weltmeisterschaften, welche er in der Saison 2018/19 zum zweiten Mal gewinnen konnte. Zwischen 2009 und 2011 fuhr Buemi für das Team Toro Rosso in der Formel 1.