Schwimmendes Akw auf dem Weg zum Einsatz
23. August 2019Das Schiff mit zwei Atomreaktoren an Bord werde innerhalb der nächsten zwei Monate seinen Zielort erreichen, die sibirische Stadt Pewek im Fernen Osten Russlands, teilte der russische Atomkonzern Rosatom mit. Die riesige Plattform, auf der das Atomkraftwerk steht, hat keine eigenen Motoren. Sie wird deshalb von mehreren Schiffen gezogen.
In Pewek soll die Akademik Lomonossow an das lokale Stromnetz angeschlossen werden. Sie kann eine Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern mit Energie versorgen. Zudem soll die mobile Nuklearanlage mit insgesamt 70 Megawatt Leistung Energie für Gas- und Ölbohrinseln auf See liefern. Das schwimmende Atomkraftwerk ist nach Angaben von Rostatom eine günstige Alternative zum Bau eines konventionellen Kernkraftwerks.
Die Route, auf der Akademik Lomonossow Richtung Osten fährt, führt rund 5000 Kilometer entlang der Nordküste Russlands durch das Polarmeer. Das schwimmende Atomkraftwerk wiegt 21.000 Tonnen, ist 144 Meter lang und 30 Meter breit. Es besteht aus zwei 35-Megawatt-Reaktoren. Die Akademik Lomonossow ist mit einer Besatzung von 69 Mann unterwegs. Die Arbeiten an dem Schiff begannen bereits 2006 in St. Petersburg, fertiggestellt wurde es in der Werft des russischen Arktishafens Murmansk.
Das millionenschwere Projekt ist umstritten. Umweltschützer warnen vor einer möglichen Katastrophe im Polarmeer und bezeichnen die Anlage als "schwimmendes Tschernobyl" und "Atom-Titanic". "In jedem Atomkraftwerk kann es zu Unfällen kommen, aber die Akademik Lomonossow ist zudem besonders anfällig für Stürme", sagte Raschid Alimow von Greenpeace Russland. "Jeder Zwischenfall hätte verheerende Auswirkungen auf die sensible Umwelt der Arktis. Nicht zu vergessen, dass es dort keine Infrastruktur für die mögliche Reinigung und Krisenbewältigung gibt."
Auch die russische Umweltorganisation Ecodefense warnt. Es sei nicht möglich, das Akw vollständig vor äußeren Bedrohungen zu schützen, sagte Wladimir Sliwjak: "Leider ist das eine sehr riskante Technologie, die dort zum Einsatz kommt."
In der Region Tschukotka, wo die Stadt Pewek liegt, gibt es bereits das Atomkraftwerk Bilibino. Es ist jedoch auf Permafrostboden gebaut, veraltet und somit anfällig für Umwelteinflüsse. Durch den Klimawandel taut auch der bislang dauerhaft feste Untergrund auf. Bilibino soll in den kommenden Jahren stillgelegt werden.
qu/rb (afp, dpa)