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Grippewelle erfasst Ukraine

5. November 2009

Die Zahl der Grippe-Todesfälle ist auf mehr als 90 gestiegen. Massenveranstaltungen sind verboten, Schulen geschlossen. WHO-Experten machen sich ein Bild von der Lage und der Verbreitung der sogenannten Schweinegrippe.

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Bild: AP/ DW-Fotomontage

Der Leiter des Büros der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Ukraine, Ihor Pokanewytsch, sagte der Deutschen Welle, Kiew habe eine Epidemie der Grippe vom Typ A/H1N1 gemeldet, die auch als Schweinegrippe bezeichnet werde. Täglich würden sich vor allem im Westen des Landes mehr und mehr Kranke melden, und die WHO vermute, dass der Anstieg der Infektionen gerade vom Typ A/H1N1 ausgelöst werde, so Pokanewytsch. Allerdings seien mangels entsprechender Ausstattungen der Labore bisher noch nicht alle Fälle als Schweinegrippe bestätigt. Dem WHO-Vertreter zufolge sind die technischen Möglichkeiten, den Grippe-Virustyp A/H1N1 nachzuweisen, eingeschränkt, weil bislang nur zwei Labore in Kiew dazu in der Lage seien. "Die Ukraine ist groß. Es braucht Zeit, Material durch das ganze Land zu transportieren. Aber das Gesundheitsministerium hat für Labore Ausrüstung angeschafft, und diese wird bald in den Regionen ankommen", so Pokanewytsch.

Das ukrainische Parlament hat inzwischen ein Gesetz verabschiedet, dass noch für dieses Jahr die Bereitstellung von einer Milliarde Hrywnja (ca. 8 Millionen Euro) für den Kauf von Medikamenten und medizinischem Gerät vorsieht. Damit könne die Lage aber nicht wesentlich verbessert und die Verbreitung von Grippeerkrankungen gestoppt werden, meint der Leiter des Ukrainischen Verbandes von Gesundheitsschutz-Organisationen, Wolodymyr Sahorodnij. Und die Expertin des ukrainischen unabhängigen Zentrums für politische Studien, Switlana Konontschuk, betonte, die staatlichen Ausschreibungen zum Kauf medizinischen Geräts würden vermutlich nicht transparent verlaufen. "Wir haben die Befürchtung, dass die Gelder nicht effektiv verwendet werden", so Konontschuk.

Hilfe aus dem Ausland notwendig?

"Wir werden mit der Epidemie fertig", erklärte unterdessen zuversichtlich Premierministerin Julija Tymoschenko. Während die Regierung angibt, auf eine Epidemie gut vorbereitet zu sein, sind in den Apotheken des Landes allerdings kaum noch Grippe- und Erkältungspräparate sowie Mundschutz-Masken zu bekommen. Tymoschenko führt dies auf die große Nachfrage und Preisspekulanten unter privaten Apothekern zurück. Die Regierungschefin ordnete an, die dafür Verantwortlichen auszumachen. Ferner rief die Regierung die höchste Stufe der Gefahr der Verbreitung der Grippe A/H1N1 aus und verbot die Durchführung jeglicher Massenveranstaltungen. Auch mussten für zunächst drei Wochen alle Bildungseinrichtungen schließen.

Im Unterschied zur Regierungschefin meint Präsident Wiktor Juschtschenko, das Land könne die Grippe-Gefahr aus eigener Kraft nicht bannen. Die Schweinegrippe stelle eine Gefahr für die "nationale Sicherheit" dar, betonte das Staatsoberhaupt. Deswegen bat Juschtschenko das Ausland um Nothilfe. Seinen Appell richtete er an alle "Freunde und strategischen Partner" der Ukraine, darunter in erster Linie an die USA, die Europäische Union, die NATO und die Nachbarländer.

Auswirkungen auf den Wahlkampf

Die Situation mit der Grippe verändere auch den Präsidentschaftswahlkampf, da keine Wahlveranstaltungen mehr stattfinden würden, erklärte der Vorsitzende der gesellschaftlichen Organisation Wählerkomitee der Ukraine, Oleksandr Tschernenko, im Gespräch mit der Deutschen Welle. Er wies darauf hin, dass die Politiker das Epidemie-Thema bereits ausnutzen würden. Es gebe viele widersprüchliche Informationen von Seiten der verantwortlichen Politiker. Im Falle einer Zuspitzung der Epidemie und der Verhängung eines Ausnahmezustands könnten die Wahlen vorerst abgesagt werden, so der Experte.

Autoren: Lilja Grischko, Oleksandr Sawyzkyj / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann