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Schweinegrippe auf dem Vormarsch

Matthias von Hellfeld2. November 2009

Derzeit sind bundesweit mehr als 7000 Personen an der "Schweinegrippe" erkrankt. Bislang sind in Deutschland sechs Menschen an dieser neuen Form der Influenza verstorben. Experten rechnen mit steigenden Zahlen.

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Ein Mann und eine Frau sprechen miteinander. Beide tragen einen Mundschutz, um sich vor einer Ansteckung mit dem Schweinegrippe-Virus zu schützen. (Foto:dpa)
Schweinegrippe in Deutschland: Sorge vor AnsteckungBild: picture-alliance/ dpa

Es gebe eine dramatische Zunahme der Erkrankungen in Süddeutschland, stellte der Leiter des Instituts für Virologie der Universitätsklinik Bonn, Prof. Christian Drosten, am Montag (02.11.2009) fest. Er gehe davon aus, dass die Grippewelle in etwa fünf bis sechs Wochen über den restlichen Teil des Landes hinwegziehen werde. Das genaue Ausmaß der Infektionen lässt sich nicht feststellen, da aus Kostengründen nicht alle Erkrankten auf die neue Grippe getestet werden könnten.

Todesfall ohne Vorerkrankung

Am Freitagabend war in der Bonner Klinik eine 48 Jahre alte Frau an den Folgen der neuen Influenza verstorben. Sie war die erste Infizierte, die keinerlei Vorerkrankungen aufwies. Dieser Todesfall hat offenbar viele Menschen dazu gebracht, die eigene Impfentscheidung noch einmal zu überdenken.

Auch der Chef des renommierten Robert-Koch-Instituts, Jörg Hacker, äußerte sich besorgt über den Verlauf der Schweinegrippe in Deutschland. Neben steigenden Infektionszahlen rechnet Hacker auch mit weiteren Todesfällen, dabei wertet er den Tod der Bonner Patientin deswegen als Warnsignal, weil sie keine Vorerkrankungen hatte. Im Gegensatz zur ersten, kleinen Welle von Infektionen im Sommer, seien die aktuellen Fälle keine "Mitbringsel" aus Urlaubsländern, sondern Ansteckungen in Deutschland.

Portrait des Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI) Jörg Hacker. (Foto:dpa)
Erwartet Ansteigen der Infektionsraten: Jörg Hacker, Präsident des Robert-Koch-InstitutsBild: picture-alliance/ dpa

Debatte um Impfung

Angesichts dieser Zahlen hat die Debatte um Impfungen neuen Schwung bekommen. Die möglichen Nebenwirkungen (kurzzeitiges Fieber, Reaktionen an der Einstichstelle), so Hacker, stehen in keinem Verhältnis zu den Folgen einer Grippe. Deshalb sei eine Impfung nicht nur für medizinisches Personal, sondern für alle eine geeignete Maßnahme, die Ausbreitung der Schweinegrippe einzudämmen. Zudem wiederholte er die Regeln sich und andere zu schützen: Öfter Händewaschen und bei Husten oder Niesen nicht die Hände, sondern die Armbeuge vor das Gesicht halten.

Eine Ärztin stellt eine Impfszene mit einer Probantin im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik in Mainz nach. (Foto:dpa)
Viele Deutsche überlegen noch, ob sie sich gegen die Schweinegrippe impfen lassen solltenBild: picture-alliance/ dpa

Ukraine mit Schweinegrippe-Epedemie

Dramatisch ist die Lage in der Ukraine. Dort wurden vorsorglich Schulen und Kindergärten geschlossen und Massenveranstaltungen verboten. Zudem wurde über neun Regionen des Landes eine Quarantäne verhängt. Diese Maßnahmen sind Reaktionen auf drastisch gestiegene Infektions- und Todeszahlen: Die Ukraine meldet 255000 Erkrankungen und 70 Tote. Schwerpunkt der epedemischen Ausbreitung ist vor allem der Westen des Landes um die Stadt Lwiw, dem früheren Lemberg.

Staatschef Viktor Juschtschenko warnte sogar vor Gefahren für die nationale Sicherheit und bat deshalb die benachbarten Länder, die EU und die NATO um Hilfe. Was allerdings das Militärbündnis bei der Bekäampfung der Schweinegrippe leisten könnte, blieb unklar. Offensichtlich denkt der Präsident an Unterstützung bei der Versprühung von Chlor und anderen Chemikalien aus der Luft, um das Virus abzutöten.

Im Gespräch vertieft: der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko und Regierungschefin Julia Timoschenko. (Foto:dpa)
Präsident Viktor Juschtschenko und Regierungschefin Julia Timoschenko wollen mit drastischen Maßnahmen der neuen Grippe begegnenBild: picture-alliance/ dpa

Beim Handel mit dem Grippemittel "Tamiflu" ist es in der Ukraine offenbar in einigen Fällen zu Wucherpreisen von einigen Hundert Euro je Tamiflu-Packung gekommen, obwohl der Schweizer Pharmakonzern Roche dem Land das Medikament zu einem Sonderpreis zur Verfügung gestellt hatte. Die Regierung kündigte an, diesen Preis-Wucher auf Kosten der Bevölkerung hart zu bestrafen. Gleichzeitig deckten sich viele Menschen mit traditionellen ukrainischen "Medikamenten" ein: Wodka, Zitronen und Knoblauch.