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Schreiben im Angesicht des Gewehrlaufs

Petra Tabeling26. September 2002

Schreiben ist in Ländern wie Sierra Leone, der Türkei oder China gefährlich - Tendenz zunehmend. Die internationale Schriftstellervereinigung PEN fordert Maßnahmen und bezieht Stellung gegen die Irak-Politik der USA.

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Schriftstellerin Claudia Anthony aus Sierra LeoneBild: Freedom Forum, European Centre, UK

Am 31. Dezember 1998 brennt das Wohnhaus der Familie Anthony in Waterloo in Sierra Leone. Von diesem Tag an sind Claudia Anthony und ihre Familie obdach- und heimatlos. Der Grund: Claudia Anthony ist Journalistin. Ihr Verbrechen: Schreiben über Vergewaltigungen oder andere Missstände. Meinungsfreiheit ist nicht gefragt in dem vom Bürgerkrieg gebeutelten und von korrupten Politikern geprägten Land. Anthony, die zuletzt bei einer Tageszeitung tätig war, lebt nun dank eines Stipendiums des Internationalen Schriftstellerverbandes PEN in Deutschland - im Exil.

Autoren hinter Gittern

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PEN Schriftstellerverband

Viele Schriftsteller, Übersetzer oder Journalisten haben dieses "Glück" nicht. Mehr als 700 Autoren säßen derzeit weltweit im Gefängnis, so die deutsche Geschäftsführerin von PEN, Ursula Setzer. Aber man vermutet eine weitaus höhere Zahl. Das ist die traurige Bilanz der angeblichen Meinungsfreiheit in Ländern wie der Türkei, China, Japan, Südamerika, die Setzer zusammen mit 300 Schriftstellern aus 40 Staaten auf dem 68. PEN-Weltkongress im mazedonischen Skopje zog.

Grenzen der Freiheit unüberwindbar?

Die Experten für die Freiheit des Wortes befürchten ungute Entwicklungen: die Zahl inhaftierter Schriftsteller werde sogar noch steigen. Nicht nur daher stand das Treffen der Autoren und Schriftsteller, das Anfang dieser Woche beendet wurde, unter einem denkwürdigen Motto: "Grenzen der Freiheit - Freiheit an der Grenze". Ein Motto, welches von den Mazedoniern selbst vorgeschlagen wurde, so Johano Strasser, Präsident von PEN Deutschland. Die Mazedonier wären offen für das Thema Meinungsfreiheit und das sei erfreulich für den gesamten Balkan. Aber das Anwachsen fundamentalistischer Strömungen weltweit sei Grund zur Besorgnis, meint Strasser.

Der PEN-Club, der sich zwar zur Aufgabe gemacht hat "über ideologische Differenzen hinweg ein Forum zu sein für die freie Diskussion über Fragen der Literatur und der Kultur", will sich auch daher in die aktuelle politische Debatte einschalten. Und engagiert sich über das eigene Motto hinaus, das lautet: "Der Club steht über den Parteien und den ideologischen Lagern und hält sich von der Tagespolitik fern."

Problempunkt Irak

In Mazedonien bezog man Stellung zur Irak-Politik der USA, der man mit einer Resolution Nachdruck verhelfen will: die Mitglieder warnten vor einem Militärschlag der USA gegen den Irak. Sie forderten die USA und ihre Alliierten auf, "an der von den Vereinten Nationen verfolgten Politik strikt festzuhalten und die Nahost-Region nicht mit einem Krieg gegen den Irak ins Chaos zu stürzen".

Auch die Konfliktparteien im Nahen Osten wurden zu mehr Anstrengungen für eine friedliche Lösung aufgefordert, "die die Rechte der Meinungsfreiheit und das Leben aller Beteiligten sichert".

Terrorismus wurde verurteilt, egal ob er von Staaten, Einzelpersonen oder im Namen eines Befreiungskampfes ausgeübt werde. Ob die Forderungen Gehör finden – man weiß es nicht. Die Delegierten des PEN-Zentrums der USA jedenfalls enthielten sich bei der Abstimmung.

140 PEN-Zentren gibt es weltweit. Claudia Anthony kann hoffen - vor kurzem wurde auch in Sierra Leone ein Büro geöffnet.