Schloss Colditz: Akademie der Ausbrüche
Es gibt Gefängnisse aus den alten Zeiten, die wie Schlösser aussehen. So wurden sie gebaut, ganz nach dem Architekturgeschmack der Epoche und mit der Aufgabe die Stärke der Macht zu manifestieren. Keine reinen Zweckbauten, sondern auch Prestigeobjekte.
Es gibt aber Schlösser, die als Herrschaftssitze errichtet wurden, als sichere Festungen, um sich die Feinde vom Leibe zu halten. Man konnte sie aber bei Bedarf leicht umfunktionieren und daraus etwas für die Feinde machen, nämlich Gefängnisse. So ohne weiteres kommt man da nicht rein und raus.
Einige Burgen oder Schlösser haben erst durch eine solche Zweckentfremdung Bekanntheit erlangt. So wie zum Beispiel das Schloss Colditz in Sachsen.
Seine Geschichte ist fast ein Jahrtausend lang. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1046. Nach etwa sechs Jahrhunderten wurde das Schloss vernachlässigt, dann diente es als Armenhaus und Irrenanstalt.
Im Zweiten Weltkrieg ab 1939 wurde es zum Kriegsgefangenenlager "Oflag IVc" für ranghohe Offiziere der westlichen Alliierten umfunktioniert. Und einige waren sehr prominent - wie Winston Churchills Neffe Giles Romilly oder George Lascelles - ein Neffe von König Georg VI. Aber das war noch kein Grund, um nach dem Krieg Weltberühmtheit zu erlangen.
Das Gefängnis galt als ausbruchsicher. Nur wollten die Offiziere es nicht so einfach hinnehmen. Es hat über 300 Ausbruchsversuche gegeben und etwa 30 Insassen entkamen. Der Brite Pat Reid beschrieb dies später in einem Buch "The Colditz Story", das großen Erfolg hatte und als Vorlage für einen Film diente.
Jetzt kommen nicht nur sehr viele Briten und Amerikaner nach Colditz, sondern auch Touristen aus anderen Ländern. Allerdings freiwillig - um diesen historischen Ort zu besuchen.
Maksim Nelioubin