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Rentensystem in der Krise

13. Juli 2009

Deutschland diskutiert in schöner Regelmäßigkeit über sein Rentensystem. Im Kern geht es darum, dass es die Jungen nicht mehr schaffen, die Rente der Alten zu finanzieren. Die Wirtschaftskrise verschlimmert die Lage.

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Rentner (Foto: AP)
Rentner sind ein politischer MachtfaktorBild: AP

Die Politik muss nach Antworten suchen. Sie muss dafür sorgen, dass die Gerechtigkeit zwischen den Generationen gewahrt bleibt. Auf der anderen Seite sind die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland eine politische Macht, die kein Politiker in Wahlkampfzeiten ignorieren kann. Das zeigt die aktuelle Debatte deutlich. Der neu ausgebrochene, ewig junge Streit um die Rente zeigt außerdem, wie weit weg eine grundsätzliche Lösung nach wie vor ist.

Der Blick zurück

Die Wurzeln des heutigen Rentensystems reichen zurück in das deutsche Kaiserreich im späten 19. Jahrhundert. Damals bündelte Reichskanzler Otto von Bismarck die bereits existierenden Formen der Versorgung im Alter und ließ neue Elemente hinzufügen. Pate standen dabei die zum Teil noch aus dem Mittelalter stammenden berufsgenossenschaftlichen und ständischen Sicherungsformen von Gilden und Zünften und die Versorgungsleistungen der Knappschaften im Bergbau.

Bismarck (Foto: AP)
Otto von BismarckBild: AP Photo/Archiv

Der Prozeß war um 1891 abgeschlossen, und Bismarck setzte allgemein verbindliche Regeln für die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenen-Versorgung durch. Finanziert wurden die damals noch sehr minimalen Sicherungen durch die Einzahlungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie aus Steuermitteln. Das Modell sah Ansparungen vor. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde das System noch mehrfach im Detail überarbeitet. Danach fielen die angesparten Mittel dann aber der Hyperinflation und der Weltwirtschaftskrise in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts zum Opfer. Als Lösung des Problems bot sich nach Meinung der Experten ein Ausbau der Umlagenfinanzierung an: die jungen Beschäftigten sollten mit ihren Beiträgen einen Teil der Renten der aus dem Berufsleben ausgeschiedenen Alten finanzieren.

Die Jungen zahlen für die Senioren

Der sogenannte Generationenvertrag ist seit 1957 das Herz des öffentlichen Rentensystems in Deutschland. Jeder Beitragszahler sollte sich darauf verlassen können, dass, so wie er in das System eingezahlt und Ältere unterstützt hatte, seine Nachkommen auch dasselbe für ihn tun. Aber in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit oder wirtschaftlicher Krisen gerät auch dieses System schnell unter Druck.

Alter Mann auf Bank (Foto: AP)
Der Generationenvertrag funktioniert nicht mehrBild: AP

Erste Risse zeigten sich bereits während der sechziger Jahre. Der Rückgang der Geburtenrate, in Folge des sogenannten "Pillenknicks" nach Einführung der Anti-Baby-Pille, ließ erkennen, dass die Zahl der Beitragszahler langfristig sinken würde. Gleichzeitig kletterten die an die Löhne gekoppelten Renten auf Grund des erhöhten Lebensstandards in Deutschland auf ein nie gekanntes Niveau. Und eine immer bessere medizinische Versorgung sorgte für eine höhere Lebenserwartung. Die Zahl der Rentner wuchs, die Dauer ihrer Rentenbezugszeit auch.

Rente und Wiedervereinigung

Auch die Wiedervereinigung belastete das Rentensystem stark. Nun bekamen Ostdeutsche eine Rente aus dem westdeutschen System. Es kamen also neue Leistungsempfänger hinzu, die nie Beitragszahler gewesen waren. Vor allem aber: nach der Vereinigung war die Arbeitslosigkeit im Osten der Republik deutlich höher als im Westen. Das bedeutete: Viel mehr Leistungsempfänger als Beitragszahler traten dem Rentensystem bei.

Durch die inzwischen gesamtdeutsche Massenarbeitslosigkeit mit Spitzenwerten von mehr als fünf Millionen erwerbsloser Menschen gerät die Finanzierung des Systems immer mehr aus den Fugen. Denn die Grundlage des deutschen Rentensystems ist allein der Arbeitsmarkt: Wer arbeitet und verdient, zahlt in die Kasse ein. Wer keine Arbeit hat, zahlt nicht ein. Die Konsequenz daraus sind ständig steigende Beitragssätze. Heute gehen schon rund 19,5% des Arbeitslohnes in die Rentenversicherung. Außerdem müssen die Menschen in Deutschland immer länger arbeiten. Das Renteneintrittsalter wird von heute 65 schrittweise auf 67 Jahre erhöht.

Außer Balance

Der Trend ist ungebrochen: die Zahl der Beitragszahler sinkt, während die Zahl der Leistungsempfänger wächst. Der demografische Wandel ist ein Faktor, der die Balance des bestehenden deutschen Rentensystems unwiderruflich gestört hat. Der Staat muss immer mehr Geld in das System pumpen, um den Generationenvertrag und damit das gesamte Rentensystem zu stützen.

Autor: Dirk Kaufmann

Redaktion: Sandra Petersmann