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Scharfe Kritik

Martin Schrader4. Juni 2008

Mit bissigen Worten haben Hilfsorganisationen die Teilnehmer des UN-Ernährungsgipfels in Rom angegriffen. Auf der Veranstaltung sei viel "Palaver" zu hören. Sie sei deshalb ihr Geld nicht wert, meinte ein CARE-Vertreter.

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ein Mann filtert Weizenkörner per Handarbeit (AP Photo/Emilio Morenatti, File)
Weizenernte in Pakistan: vor allem Handarbeit und international nicht konkurrenzfähigBild: AP

Die Hilfsorganisation CARE Deutschland-Luxemburg hat grundsätzlichen Zweifel am Sinn des Welternährungsgipfels in Rom (2.-4.06) geäußert. Die Interessen der Teilnehmerstaaten stünden einem Erfolg entgegen, meint ihr Vorstandsvorsitzender Heribert Scharrenbroich. Die weit geöffnete Schere zwischen Reden und Handeln vieler dort vertretener Politiker geißelte er mit scharfen Worten. "Es bleibt unmoralisch", sagte Scharrenbroich, "einerseits Exporte der reichen Staaten zu subventionieren und gleichzeitig die armen Länder daran zu hindern, ihre Güter in unsere Länder zu verkaufen. Die Verantwortung für die Hungerkatastrophe tragen also vor allem die Industrieländer, wenn es um den viel beschworenen 'freien Welthandel' geht."

(AP Photo/Khalil Senosi)
Lebensmittelhändler wie dieser Mann in Kenia brauchen laut CARE fairen - nicht völlig freien - HandelBild: AP

Die von den reichen Ländern maßgeblich finanzierten Institutionen wie Weltbank, IWF und WTO müssten radikal umschwenken, fordert Scharrenbroich. Es gehe um fairen Handel und nicht um einen ungezügelten, freien Welthandel. Niemand werde ernsthaft von den Entwicklungsländern erwarten, ihre Tore zu öffnen, während reiche Länder sich gleichzeitig weigerten, Waren aus Entwicklungsländern zu importieren.

Das Versagen der Politik

An dem Treffen am Sitz der Welternährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) nehmen rund 50 Staats- und Regierungschefs teil. Sie suchen Lösungen für die globale Lebensmittelkrise.

Ein Blick zurück verdeutlicht, dass die Kritik von CARE an solchen Veranstaltungen gerechtfertigt ist, zeigt er doch, wie sehr internationale Institutionen im Kampf gegen Hungerkatastrophen versagt haben. Vor mehr als 30 Jahren, bei der UN-Welternährungskonferenz 1974 in Rom, verpflichtete man sich, den Hunger binnen zehn Jahren auszurotten. Auf dem Welternährungsgipfel 1996 steckte man immerhin noch das Ziel, bis 2015 den Hunger zu halbieren. Dieses Ziel wurde auch im September 2000 in New York Bestandteil der für alle 189 UN-Mitgliedstaaten verpflichtenden Millenniumserklärung.

Alle diese hehren Willensbekundungen haben jedoch keine Früchte getragen. Im Gegenteil: Die Zahl der hungernden Menschen steigt, anstatt zu sinken - seit dem Jahr 2000 von 700 Millionen auf heute 850 Millionen.

"Brot für die Welt": Falsche Rezepte

Einen weiteren Fehler in dieser langen Geschichte des Versagens hat der Agrarexperte von "Brot für die Welt", Bernhard Walter, ausgemacht: Das Vorhaben der FAO, vor allem durch die Bereitstellung von mehr Saatgut und mehr Mineraldünger die landwirtschaftliche Produktion in den unterentwickelten Ländern anzukurbeln, sei das falsche Rezepte gegen den Welthunger. Denn das nütze vor allem den großen Agrarunternehmen, die den Saatgut- und Düngemittelmarkt beherrschten.

Obwohl der Klimawandel erhebliche Risiken für die Welternährung berge, klammere die Konferenz in Rom dieses Thema weitgehend aus, kritisiert Thomas Hirsch, Klimaexperte von "Brot für die Welt". Aufgabe der FAO sei es jedoch, sich mit all ihrem Gewicht für eine Klimapolitik einzusetzen, die das Recht auf Nahrung der Ärmsten umsetze.

CARE geht bei diesem Thema noch weiter: Industriestaaten und Schwellenländer, die eine Reduzierung der Treibhausgase behinderten, müssten nach Ansicht von Scharrenbroich für die daraus entstehenden Hungersnöte und Verarmung verantwortlich gemacht werden. "Konferenzen und Gipfel, die sich davor drücken, sind heuchlerische Veranstaltungen und ihr Geld nicht wert", sagt er. "Das gilt auch für die jetzt in Rom stattfindende Welternährungskonferenz."

Gegensatz von Reden und Handeln

Nicolas Sarkozy und Luiz Inácio Lula da Silva (AP Photo/Eraldo Peres)
Nicolas Sarkozy und Luiz Inácio Lula da SilvaBild: AP

Wie sehr Reden und Handeln führender Politiker beim Thema Hunger-Bekämpfung auseinander klaffen, zeigten in Rom Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Lula, der sich sonst als Chef der Globalisierungsgegner präsentiert, lobte die Vorteile der Biokraftstoffe - und meinte damit vor allem brasilianische. Unabhängige Experten sehen dagegen in diesen Kraftstoffen einen wichtigen Grund für das Hochschnellen der Getreidepreise.

Sarkozy rief zu massiver Hilfe für die afrikanische Landwirtschaft auf. In der Europäischen Union tritt er dagegen vehement für die EU-Agrarsuvbentionen ein. Und diese sind, schrieb die französische Zeitung "La Charente Libre", "für die Lebensmittelproduktion in Afrika genauso verheerend wie eine Heuschreckenplage".

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