Schäuble wirbt um die Insel
30. Oktober 2012In den ehrwürdigen Hallen der Oxford-Universität warb der mächtige Bundesfinanzminister um den Verbleib des Inselreiches in der Europäischen Union: Großbritanniens Stimme werde im europäischen Wettbewerb der Ideen dringend benötigt, sagte Wolfgang Schäuble bei einem Besuch der Elite-Universität. Europa sei umgekehrt auch gut für Großbritannien. Er fürchte nur, dass dies nicht immer erkannt werde, ergänzte der Minister.
Die Bundeskanzlerin stieß ins gleiche Horn: Großbritannien sei ein wichtiger Partner in der EU, sagte Angela Merkel auf einer CDU-Regionalkonferenz in Schwerin. Sie werde nächste Woche ihren britischen Kollegen David Cameron besuchen.
Europaskeptische Torys
Der Grund für die Berliner Charmeoffensive: Der britische Außenminister William Hague hatte vor ein paar Tagen ein Europa mit sehr unterschiedlichen Integrationsstufen gefordert. Hintergrund der Debatte ist der Beschluss des EU-Gipfels, im Dezember eine engere Zusammenarbeit in der Finanz-, Fiskal- und Wirtschaftspolitik zu vereinbaren. Hague machte klar, dass Großbritannien viele der künftigen Integrationsschritte nicht mitgehen werde. Premierminister Cameron steht unter starkem Druck von Teilen seiner konservativen Partei, die ein Referendum über einen EU-Austritt verlangen.
Merkel skizzierte auf der Regionalkonferenz noch einmal ihre Vorstellung, wie sich die EU weiterentwickeln sollte: Die EU-Kommission solle zunehmend die Rolle einer europäischen Regierung einnehmen und der EU-Rat sich zu einer zweiten Kammer neben dem Europäischen Parlament wandeln. Die EU-Staaten müssten zudem bereit sein, mehr Zuständigkeit auf die europäische Ebene abzugeben, wo dies nötig sei, forderte die Kanzlerin. Es fehle etwa an Vorkehrungen zur Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, auch wenn es mittlerweile den Fiskalpakt gebe: "Das wird nicht reichen, es wird eine europäische Kompetenz geben müssen zu der Frage: Was passiert, wenn sich ein Land wieder nicht an den Stabilitätspakt hält?", sagte Merkel.
So plädiert die Bundesregierung beispielsweise für Eingriffsrechte des EU-Währungskommissars in nationale Haushalte, wenn diese nicht den Sparauflagen entsprechen.
rb/se (rtr)