Schäuble verteidigt EZB
11. Juni 2013Die EZB sei unabhängig von den Regierungen der Euro-Zone und könne innerhalb ihres weiten Spielraums entscheiden, welche geldpolitischen Maßnahmen die richtigen seien, sagte Wolfgang Schäuble (CDU) in Karlsruhe bei der mündlichen Verhandlung von Verfassungsklagen gegen die Politik der Zentralbank in der Euro-Krise. "Die Bundesregierung sieht keine Anzeichen, dass Maßnahmen der EZB ihr Mandat verletzen", betonte der deutsche Finanzminister.
Nach Einschätzung der Kläger hat die Notenbank hingegen ihre Kompetenzen überschritten - insbesondere mit dem Versprechen aus dem September 2012, alles zur Rettung des Euro zu tun und notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenstaaten zu kaufen. Damit sei Deutschland Milliardenrisiken ausgesetzt, ohne dass der Bundestag dies gebilligt habe, argumentieren die Kläger.
Die EZB werde dadurch unzulässigerweise zum Staatsfinanzierer, zudem werde das Haushaltsrecht des Bundestages ausgehebelt. Allein die Ankündigung von EZB-Präsident Mario Draghi, gegebenenfalls Staatsanleihen zu kaufen, hatte für eine Beruhigung der Finanzmärkte und eine Stabilisierung des Euro gesorgt. Umgesetzt wurde das sogenannte OMT-Programm bislang nicht.
Im vergangenen September hatte das Bundesverfassungsgericht den Euro-Rettungsschirm ESM in einem Eilverfahren mit Auflagen gebilligt und zugleich angekündigt, in der Hauptverhandlung auch die Rettungspolitik der EZB unter die Lupe zu nehmen - und damit vor allem das Anleihe-Kaufprogramm OMT. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, stellte zum Auftakt der zweitägigen Verhandlung klar: "Über die Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit des vom Bundestag und Bundesrat mit großer Mehrheit verabschiedeten Rettungspaketes und über die Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit der Maßnahmen der EZB hat das Bundesverfassungsgericht auch im Hauptsacheverfahren nicht zu entscheiden. Das ist und bleibt allein Aufgabe der Politik."
Das Gericht werde prüfen, ob das deutsche Grundgesetz verletzt worden sei, erläuterte Voßkuhle. Dabei werfe das Handeln der EZB schwierigste Rechtsfragen auf, da diese als Organ der Europäischen Union auch nur EU-Recht unterworfen sei. Es werde zu klären sein, inwieweit die EZB Kompetenzen in Anspruch nehme, die ihr nicht übertragen seien und von Verfassungswegen auch nicht übertragen werden dürften.
Schäuble warnte vor nationalen Vorgaben für die Zentralbank: "Ich halte es für schwer vorstellbar, dass deutsche Gerichte unmittelbar über die Rechtmäßigkeit von Handlungen der EZB entscheiden könnten", erklärte der CDU-Politiker. Das berge die Gefahr, dass die EZB eine Vielzahl gegensätzlicher Vorgaben bekommen könnte. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hingegen bekräftigte vor den Karlsruher Richtern seine Kritik an dem EZB-Programm: "Es kann nicht Aufgabe der Geldpolitik sein, Zeit für fiskalisches Handeln zu kaufen." Weidmann hatte 2012 im EZB-Rat als Einziger gegen die Maßnahmen gestimmt.
wl/nem (dpa, afp, rtr)