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Sarkozy macht Roma-Debatte zu EU-Gipfelthema

16. September 2010

Eigentlich wollten die europäischen Regierungschefs bei ihrem Treffen über den EU-Stabilitätspakt und die Beziehungen zu China und Indien beraten. Doch der Gipfel wird überschattet vom Streit um die Ausweisung von Roma.

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EU-Flaggen vor dem EU-Gebäude in Brüssel wehen im Wind (Foto: dpa)
Vor dem EU-Gipfel ist Frankreichs Staatspräsident Sarkozy erschüttert und empört über Viviane RedingBild: picture alliance/Photoshot

Der seit Wochen andauernde Konflikt um die Abschiebung tausender Roma aus Frankreich wird nun auch auf dem EU-Gipfel in Brüssel ausgetragen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy erklärte, er wolle das Reizthema auf dem Treffen am Donnerstag (16.09.2010) im Kreise der europäischen Partner behandeln. Doch obwohl der Streit um die Roma-Ausweisung den Gipfel in Brüssel mächtig durcheinander wirbelt, es soll auch über den Euro-Stabilitätspakt und die strategischen Beziehungen mit den asiatischen Staaten, etwa China und Indien, gesprochen werden.

Sarkozy reagierte verärgert auf die Ankündigung der EU-Kommission, gegen Frankreich wegen der Roma-Ausweisung in ihre Herkunftsländer Bulgarien und Rumänien juristische Schritte einzuleiten. Vor allem aber ist er empört über die Aussage von Justizkommissarin Viviane Reding. Sie hatte das französische Vorgehen eine "Schande" genannt und es sogar mit der Nazi-Zeit verglichen: "Ich habe nicht geglaubt, dass Europa nah dem Zweiten Weltkrieg noch einmal Zeuge einer solchen Situation wird", sagte Reding.

Paris: Reding hat sich entschuldigt

Kinder, die in einem illegalen Roma-Lager bei Lyon leben (Foto: dpa)
Müssen sie auch bald Frankreich verlassen? Sinti und Roma in einem Slum nahe LyonBild: picture-alliance/dpa

Am Mittwochabend hieß es aus dem Präsidentenpalast in Paris, Reding habe sich für ihre Äußerung entschuldigt, man habe dies zur Kenntnis genommen. Trotzdem: Sarkozy ist empört über die EU-Kommissarin. Er bezeichnete Redings Weltkriegs-Vergleich als "skandalös". Zuvor war aus der Umgebung des Präsidenten verlautet, Sarkozy habe erklärt, Redings Heimatland Luxemburg könne die Roma gerne aufnehmen.

"Diese Art von Entgleisung ist ungebührend." So behandele man keinen großen Staat, kritisierte der französische Europa-Staatssekretär Pierre Lellouche kritisierte Redings Äußerungen.

Premierminister verteidigt französische Roma-Politik

Der französische Premierminister François Fillon verteidigte die Roma-Politik seiner Regierung erneut. Das Vorgehen der Regierung respektiere die nationale Gesetzgebung ebenso wie das EU-Recht, sagte Fillon am Rande eines Treffens der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) am Mittwochabend in der Nähe von Brüssel. Zugleich kündigte er an, Frankreich werde "in den kommenden Stunden" die Rechtmäßigkeit dieser Politik darlegen.

Unterstützung bekommt Sarkozy aus Rom: Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi gab in einem Interview mit dem französischen "Figaro" Rückendeckung für Sarkozy: "Das Problem mit den Roma" sei kein spezifisch französisches, sondern betreffe jedes Land in Europa. Deshalb sei es notwendig, das Thema auf europäischer Ebene zu besprechen, um eine gemeinsame Position zu finden, sagte Berlusconi der Zeitung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Kritik von Reding an Frankreichs Roma-Politik als überzogen. "Ich finde, dass die Kommission natürlich das Recht hat, dass man überprüft, ob die Mitgliedsstaaten auf der rechten Grundlage der europäischen Verträge handeln. Aber ich finde, dass der Ton, in dem Frau Reding es vorgebracht hat, und vor allem die historischen Vergleiche nicht so ganz passend waren", sagte Merkel am Rande des EVP-Treffens vor dem Gipfel.

Merkel unterstützt strenge Sanktionen

Ein Stapel von Geldscheinen (Foto: dpa)
Die Kanzlerin will auch in Zukunft einen stabilen EuroBild: picture-alliance/dpa

Merkel äußerte sich auch zum weiteren Streitthema des Gipfels: der verstärkten eurpäischen Haushaltsaufsicht und dem verschäften Euro-Stabilitätspakt. Sie sprach sich bei dem EVP-Treffen für ein scharfes Vorgehen der EU bei Verstößen gegen den Euro-Stabilitätspakt aus. Deutschland werde strenge Sanktionen unterstützen, so Merkel. Eine solche Krise des Euro dürfe sich nie wiederholen.

Bei dem eintägigen Gipfel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs grundsätzlich den ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy bei seinem Vorhaben unterstützen, die Wirtschaftsaufsicht und den Euro-Stabilitätspakt zu verbessern. Der Belgier will auf dem Gipfel über den Stand der Reform-Diskussion in der Finanzminister-Arbeitsgruppe berichten. Diese soll bis zum nächsten regulären Gipfel Ende Oktober konkrete Ergebnisse vorlegen.

Autor: Marcus Bölz (afp, rtr, dpa)
Redaktion: Ursula Kissel

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