Syrien ist nicht Libyen
14. November 2011Die syrische Regierung bekommt nun noch schärfere Sanktionen der EU zu spüren. Weitere 18 Unterstützer von Präsident Baschar al-Assad stehen jetzt auf der schwarzen Liste der EU. Insgesamt sind es jetzt 74. Diese Personen haben ab sofort Einreiseverbot, ihre Konten werden eingefroren. Außerdem darf die Europäische Investitionsbank Syrien keine Darlehen mehr gewähren. Ein Waffenembargo und ein Importstopp für syrisches Rohöl sind bereits in Kraft. Als weiteres Zeichen erklärt sich die EU bereit, mit dem oppositionellen syrischen Nationalrat zusammenzuarbeiten. Das ist allerdings noch keine Anerkennung als legitime Vertretung des syrischen Volkes, so wie die EU vor einigen Monaten in Libyen den Nationalrat anerkannt hat.
Lob für Arabische Liga
Großen Beifall hat in Brüssel vor allem die Ankündigung der Arabischen Liga gefunden, die syrische Mitgliedschaft auszusetzen und Sanktionen zu verhängen, wenn die Regierung weiter gewaltsam gegen die eigene Bevölkerung vorgehe. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle hofft, dass sich jetzt auch auf UN-Ebene etwas bewegt. Das Verhalten der Liga solle "ein Anlass für die bisher zögerlichen Partner im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sein, und dann sollten auch diejenigen, die bisher eine klare, scharfe und eindeutige Sprache gegenüber diesen Gewalttätigkeiten nicht finden wollten, umdenken." Gemeint sind Russland und China. Die beiden Veto-Mächte im Sicherheitsrat haben bisher UN-Sanktionen verhindert. Solange das so bleibt, könne die Staatengemeinschaft auch die syrische Zivilbevölkerung kaum gegen staatliche Gewalt schützen, meint der britische Außenamtschef William Hague. Eine Militärintervention wie in Libyen schließt er aus. "Im Augenblick gibt es hier nichts, was wir als europäische Nationen tun können. Dies ist eine andere Situation als die in Libyen."
Hoffen auf Umdenken in Moskau und Peking
Im Falle Irans ist die Lage im Weltsicherheitsrat ähnlich. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) beschuldigt Teheran in ihrem jüngsten Bericht, an der Atombombe zu bauen. Auch hier blockieren Russland und China eine gemeinsame Resolution des Rates. Dennoch sollte die EU weiter auf den diplomatischen Weg setzen und nicht auf militärische Drohungen, wie es Israel getan hat, meint der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Russen und auch die Chinesen ein Interesse daran haben, dass Iran eine Atombombe hat." Die Drohung mit einem Militärschlag verurteilte er als "Säbelrasseln". Das bringe nichts, "weil es das Ziel nicht erreicht, zweitens, weil die Konsequenzen verheerend sein werden, und drittens, weil die Debatte Teheran eigentlich hilft".
"Nichts ausschließen"
Asselborns Meinung wird von fast allen geteilt. Westerwelle nannte Diskussionen über eine militärische Aktion "kontraproduktiv", er "warne davor". Sein schwedischer Amtskollege Carl Bildt sagte, die EU müsse "das mit diplomatischen Mitteln lösen", im Übrigen sei der IAEA-Bericht auch "aufgebauscht". Und der französische Minister Alain Juppé sprach von einer "irreparablen Intervention", die es durch Sanktionen zu vermeiden gelte.
Die einzige Ausnahme machte der niederländische Minister Uri Rosenthal. "Ich glaube, wir sollten jetzt keine weiteren Optionen ausschließen. Wir reden nicht darüber, aber irgendwelche Optionen ein- oder auszuschließen wäre jetzt nicht in Ordnung." Das blieb eine Einzelstimme. Aber selbst auf neue Sanktionen gegen den Iran konnten sich die EU-Außenminister vorerst nicht einigen. Das könnte bei einem weiteren Treffen in rund zwei Wochen passieren.
Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Hans Sproß