Gäste aus dem Orient in den Alpen
10. August 2016Dem Sultan von Oman sei Dank - in Garmisch-Partenkirchen prägen in diesen Tagen wieder Urlauber aus den Golfstaaten das Ortsbild. Wenn der 75-jährige Qabus ibn Said, der milliardenschwere Herrscher des arabischen Sultanats, Urlaub in seinem prachtvollen Anwesen in den bayerischen Alpen macht, tun es ihm viele Familien aus arabischen Ländern gleich. Es hat sich herumgesprochen in Oman, Dubai oder Kuwait, dass sich in dem Alpenort für einige Wochen im Jahr gut leben lässt.
Arabische Gäste lieben Garmisch-Partenkirchen
Die Zahlen aus dem örtlichen Tourismusbüro belegen es: Mit fast 53.000 Übernachtungen belegten die Urlauber aus den arabischen Golfstaaten 2015 den Spitzenplatz im Auslandsgeschäft. Der Zuwachs gegenüber dem Jahr zuvor beträgt satte 44 Prozent. Die USA wurden mit knapp 49.000 Übernachtungen auf Platz zwei abgedrängt, Großbritannien belegt bei rund 38.600 Übernachtungen den dritten Platz.
Darauf hat die Gemeinde reagiert. Sie bietet Gästeführungen in Arabisch an. Auch die Vermieter haben sich rasch auf den Wandel eingestellt. "Unsere Hoteliers sind megaflexibel, um den Wünschen der arabischen Gäste gerecht zu werden", sagt Jutta Griess vom örtlichen Hotel- und Gaststättenverband. Das heißt auch, sich besonders der mitreisenden Kinder anzunehmen, die in den Familien einen hohen Stellenwert haben. "Da kommen wir den Gästen mit zusätzlichen Kinderbetten in den Zimmern entgegen", nennt Griess als Beispiel. Und wenn der Nachwuchs im Speisesaal oder am Swimmingpool etwas lauter ist - macht nichts.
Gastfreundschaft à la carte
Auch die Gastronomie hat auf die Essgewohnheiten der arabischen Urlauber reagiert. "Das bedeutet nicht, dass wir Schweinefleisch ganz von der Speisekarte nehmen", sagt Jutta Griess. Beim Frühstücksbuffet würden aber entsprechende Produkte eigens gekennzeichnet. Gerne gehen die Familien aus den Golfstaaten ins Restaurant Akram's, das sich auf euro-asiatische Kost mit ayurvedischen Gewürzen spezialisiert hat. Inhaber Mohammad Akram ist gebürtiger Pakistani und hat jahrelang in Deutschlands höchstgelegenem Restaurant auf der Zugspitze (2962 Meter) gekocht, ehe er sein eigenes Restaurant im Ort eröffnete. "Für unsere arabischen Gäste haben wir eine spezielle Speisekarte", sagt Akram. "Und allein schon der Gesundheit wegen verwenden wir grundsätzlich kein Schweinefleisch."
Akrams Frau Christine berichtet, dass in den Sommermonaten ein Großteil der Gäste aus den Golfstaaten kommt. Sie bevorzugten im Juli und August das kühlere Klima hierzulande. Die ganze Familie versammelt sich zum Essen, das durchaus üppig ausfallen kann. "Sie bestellen Suppe, Salat und ein Hauptgericht", weiß Akram. "Die Speisen kommen in die Mitte des Tisches, und alle essen davon." Wenn dabei nicht nur die Kinder die Finger zu Hilfe nehmen, rümpft mancher deutsche Gast freilich die Nase. "Wir mussten uns schon beschimpfen lassen", berichtet Akrams Frau Christine, die im Service mitarbeitet. Aber es gelte eben auch beim Essen das Motto "andere Länder, andere Sitten".
Kaufkräftige Kundschaft
Davon kann auch Michaela Nelhiebelein Lied singen; sie ist Mitinhaberin eines Optikergeschäfts und Vorsitzende der Werbegemeinschaft des örtlichen Einzelhandels. "Arabische Damen erfordern ein wenig mehr Aufmerksamkeit", so Michaela Nelhiebelein. "Sie kommen öfter, bis sie sich entscheiden. Und selbstverständlich wollen sie den Preis runterhandeln."
Derzeit sind Sonnenbrillen der Renner. "Es soll natürlich das neueste Modell sein", weiß Optikerin Michaela Nelhiebel. Für verschleierte Araberinnen hat sie in ihrem Geschäft einen separaten Raum eingerichtet. Hier werden die Kundinnen diskret und ausschließlich von weiblichem Personal beraten. Sie können Brillengestelle mit enthülltem Gesicht testen, ohne dass ihre religiösen Gefühle verletzt werden. Auch die örtlichen Parfümerien, in denen sich die Frauen aus den Golfstaaten mit den gefragtesten Düften versorgen, beraten ihre Kundschaft rücksichtsvoll.
Im Dunstkreis des Monarchen
Der Sultan von Oman macht sich indessen bei seinen Besuchen in Garmisch-Partenkirchen rar. Der 75-Jährige taucht so gut wie nie im Ort selbst auf, wie Einheimische wissen. Er bleibt lieber in seinem streng bewachten Refugium. Von seiner Anwesenheit zeugen allenfalls Nobellimousinen mit verdunkelten Scheiben. Zudem ist sein Begleittross recht präsent im Ort. Und auch die Gefolgsleute des Monarchen lassen gutes Geld im noblen Ferienort.