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RWE-Klage setzt Regierung unter Druck

1. April 2011

Die neue Linie der Bundesregierung in der Atompolitik könnte sich gravierend auf den Haushalt auswirken. Der Energiekonzern RWE geht vor Gericht, um auf juristischem Weg finanzielle Ausfälle erstattet zu bekommen.

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AKW Biblis (Foto: AP)
Atomkraftwerk Biblis - südlich von Frankfurt am MainBild: AP

Die Entscheidung der Bundesregierung, den künftigen Betrieb von Atomkraftwerken in Deutschland von weiteren Prüfungen abhängig zu machen, kommt vor Gericht. Der Energiekonzern RWE reichte am Freitag (01.04.2011) eine Klage beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein, wie ein Sprecher des Gerichts mitteilte. Das Großunternehmen will dort die Stilllegung seines Atomkraftwerks Biblis A prüfen lassen. Die anstehenden Sicherheitschecks will RWE nach eigenen Angaben aber unterstützen. Hierbei könnte es für Altmeiler eng werden.

RWE: "Rechtsgrundlage fehlt"

Logo des Energieversorgers RWE in Essen auf dem Dach eines Hochhauses (Archivfoto: dpa)
Energieversorger RWE klagt gegen die Stillegung des AKW BiblisBild: picture-alliance/ dpa

Die Klage beim zuständigen Verwaltungsgerichtshof Kassel richtet sich gegen die Anordnung der hessischen Aufsichtsbehörde, die am 18. März die einstweilige Einstellung des Betriebs für drei Monate angeordnet hatte. Der Energieriese beruft sich auf eine - seiner Meinung nach - fehlende Rechtsgrundlage für das Moratorium. Die deutschen Atomkraftwerke erfüllten die geltenden Sicherheitsanforderungen, daher fehlten die rechtlichen Grundlagen für die Betriebseinstellung. Zudem argumentiert der Konzern mit der Wahrung der Interessen seiner Aktionäre. Juristen geben der Klage gute Chancen. Der Grund: Die Begründung für die Abschaltung der sieben ältesten Meiler im Rahmen des Moratoriums der Bundesregierung stehe auf wackligen Füßen.

Sollte der Konzern Recht bekommen, stünde das Moratorium der Bundesregierung auf der Kippe. Biblis A könnte aber trotz eines Klageerfolgs der Sicherheitsüberprüfung zum Opfer fallen, da der Schutz gegen Flugzeugabstürze als nicht ausreichend gilt. Unabhängig davon könnten massive Schadensersatzforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland greifen.

Grüne: "Ältere AKW ausschalten"

Volker Kauder (Archivfoto: AP)
Unions-Fraktionsvorsitzender Volker Kauder (CDU)Bild: AP

Die oppositionelle Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast forderte von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) eine Anordnung, um die sieben ältesten Kernkraftwerke in Deutschland umgehend abzuschalten. Weil Röttgen diese Anordnung "verpennt" habe, habe Kraftwerksbetreiber RWE die Chance auf eine Klage gegen die zeitweise Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis A bekommen, sagte Künast in einer Sendung des ZDF.

Renate Künast (Archivfoto: dapd)
Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/ Die Grünen, Renate KünastBild: dapd

Der Chef der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), erklärte, die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP wolle so schnell wie möglich aus der Kernenergie aussteigen. Er könne sich vorstellen, dass nach der Sicherheitsüberprüfung einige Kernkraftwerke nicht mehr ans Netz gehen. Mit Blick auf seinen Koalitionspartner, FDP-Generalsekretär Christian Lindner, monierte er zugleich, er wundere sich, wie man einer Sicherheitsüberprüfung der deutschen Kernkraftwerke zustimme und dennoch jetzt schon wisse, wie sie ausgehen werde - nämlich gegen viele Atomkraftwerke.

Bundesregierung unter Druck

Mit der Ankündigung der Klage sind die angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung bei der Überprüfung der AKW fast in den Hintergrund geraten. Geprüft werden soll, wie sich etwa ein Terroranschlag in Form eines Flugzeugabsturzes aller gängigen Passagier- und Militärmaschinen auswirke, sagte der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, Rudolf Wieland, in Berlin.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) kündigte bei der gemeinsamen Präsentation der Prüfanforderungen entsprechende Untersuchungen der 17 deutschen AKW an. Der Minister strebt bis Mitte Juni einen neuen Atomkonsens mit allen Parteien und der Wirtschaft an.

Autor: Herbert Peckmann (dpa, dapd, afp, rtr)
Redaktion: Martin Schrader