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Moskau blockiert UN-Resolution

1. Februar 2012

Moskau blockiert im UN-Sicherheitsrat weiterhin eine Resolution zu Syrien. Stattdessen will man zwischen dem Assad-Regime und der Opposition vermitteln. Ein durchsichtiges Manöver, meint Daniel Scheschkewitz.

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Symbolbild Kommentar

Russland blockiert erneut einen Resolutionsentwurf, in dem die Regierung in Damaskus unter Androhung von Sanktionen zur sofortigen Beendigung ihrer brutalen Menschenrechtsverstöße und zu mehr Demokratie aufgefordert wird. Nichts Neues also im UN-Sicherheitsrat, könnte man sagen. Moskau sperrt sich aus Angst, eine solche Resolution könnte den Weg frei machen für eine Militärintervention des Westens wie im Falles Libyens. Außerdem ist man besorgt, in Syrien mit Baschar al-Assad nach Mubarak und Gaddafi auch noch den letzten Vertrauten Russlands im Nahen Osten zu verlieren. Auf dem Spiel stehen außerdem lukrative Rüstungsgeschäfte mit dem Assad-Regime und der letzte russische Militärstützpunkt im syrischen Tartus.

Im Stile der Sowjetmacht

Damit macht die Regierung Putin einen schweren Fehler. In dem verzweifelten Versuch über ihre Vetomacht im Sicherheitsrat die letzten Reste von weltpolitischem Einfluss geltend machen zu wollen, verstößt sie gegen das Gebot der Menschlichkeit. Sie stützt im Stile der alten Sowjetmacht einen Diktator, der Blut an seinen Händen hat. Was einst Saddam Hussein für Moskau war, ist heute Baschar al-Assad. Die russische Regierung diskreditiert sich auf diese Weise auch als Vermittler bei der Suche nach einer politischen Lösung in Syrien. Eine glaubhafte Vermittlerrolle kann Moskau jedoch nur dann spielen, wenn es sich im UN-Sicherheitsrat von Assad distanziert. Ansonsten müssen Verhandlungsangebote der syrischen Opposition als fadenscheiniges Manöver erscheinen, mit dem Moskau lediglich auf Zeitgewinn setzt. Zeitgewinn für ihren Schutzbefohlenen Assad, der auch militärisch immer stärker unter Druck gerät. Schon jetzt haben die Kämpfe die Vororte der Hauptstadt Damaskus erreicht. Es kursieren Zahlen, wonach nur noch 40 % Prozent der Bevölkerung hinter dem Präsidenten stehen. Zu wenig, um sich dauerhaft an der Macht halten zu können. Aber genug, um einen lang anhaltenden Bürgerkrieg zu entfachen.

DW-Redakteur: Daniel Scheschkewitz
DW-Redakteur: Daniel ScheschkewitzBild: DW

Moskau isoliert sich in der arabischen Welt

Moskau ist mit seiner Blockadehaltung auch im UN-Sicherheitsrat auf einem Holzweg. China steht zwar gegenwärtig noch an Russlands Seite. Letztendlich wird sich Peking aber aus Opportunitätsgründen und wegen der dringend benötigten Rohstoffe aus Nahost auch mit den neuen Machthabern in der arabischen Welt arrangieren. Russland stünde dann eines Tages als einzige Macht da, die bis zuletzt auf Seiten der Unterdrücker war.

Die Regierung Putin sollte erkennen, wer alles hinter diesem jüngsten Resolutionsentwurf steht. Zu den Befürwortern gehören nicht bloß die Westmächte, er wurde von Marokko in den Sicherheitsrat eingebracht und hat die Unterstützung der Mehrheit in der Arabischen Liga. Es sind also die Araber selbst, die nun die internationale Staatengemeinschaft eingeschaltet haben. Sie haben damit die Konsequenz aus der gescheiterten Mission ihrer Beobachter gezogen und fordern in diesem Resolutionsentwurf Assad auch direkt zu einem Machtverzicht auf.

Arabische Liga setzt Assad unter Druck

Er soll innerhalb von 15 Tagen seinem Stellvertreter alle Machtbefugnisse übertragen. Die Resolution ist damit der vielleicht letzte diplomatische Versuch, ein totales Abgleiten Syriens in einen blutigen und lang anhaltenden Bürgerkrieg zu vermeiden. Assad könnte nach jemenitischem Modell ins Exil gehen, ohne dass es zu einem totalen und gewaltsamen Umsturz der innersyrischen Machtverhältnisse kommt. Die Opposition würde an der politischen Macht beteiligt, die Rechte von Minderheiten blieben dennoch gewahrt. Ein politischer Vermittlungsprozess, in dem die Arabische Liga eine Schlüsselrolle spielen könnte, käme in Gang. Eine Militärintervention, die nur die wenigsten in Syrien und im Nahen Osten eigentlich keiner will, bliebe allen erspart.

Doch Moskau sagte weiter "Njet". Ganz so, als ob der Syrien-Konflikt ein verspäteter Epilog im Drama des Kalten Krieges wäre, bei dem es darum ginge, eine letzte russische Einflusssphäre in der Region zu retten. Das jetzt aufgeführte Stück trägt jedoch den Titel "Arabischer Frühling" und folgt einer anderen Dramaturgie. Moskau läuft Gefahr, seine Rolle zu überschätzen und zum bloßen Zaungast der Weltgeschichte zu werden.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Diana Hodali / Marko Langer