1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Russischer Erfolg im Syrien-Konflikt

Alexander Warkentin12. September 2013

Die russische Initiative im Syrien-Konflikt hat ein Fenster für die Diplomatie geöffnet. Der Kreml ist wieder im Spiel. Aber eine neue Syrien-Politik ist in Moskau nicht in Sicht.

https://p.dw.com/p/19gkn
Wladimir Putin und Baschar al-Assad (Foto dapd)
Zwei Präsidenten im Bündnis: Wladimir Putin und Baschar al-AssadBild: dapd

"Einen taktischen Erfolg der russischen Diplomatie" nennt Margarete Klein die russische Initiative zur internationalen Kontrolle der chemischen Waffen in Syrien. Die Russland-Expertin der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik verweist im Interview mit der DW darauf, dass damit ein "Worst-case-Szenario" für Russland vermieden wurde. Ein Militärschlag der USA hätte das Assad-Regime in Damaskus geschwächt. Moskau drohte der Verlust des wichtigsten Partners im Nahen Osten. Dies sei verhindert worden, zumindest auf absehbare Zeit.

Auch der unabhängige Moskauer Publizist und Militärexperte Alexander Golz spricht von einem geschickten Schachzug Moskaus. Er erinnert daran, dass den Vorschlag zur internationalen Kontrolle der syrischen Chemiewaffen nicht der russische Außenminister Sergej Lawrow und auch nicht Wladimir Putin, sondern US-Senator Richard Lugar bereits vor über einem Jahr ins Spiel gebracht habe. "Aber Lawrow und Putin haben sich zur rechten Zeit am rechten Ort daran erinnert", betont Alexander Golz im DW-Interview.

Militärexperte Alexander Golz in Moskau (Foto: DW)
Militärexperte Alexander Golz in MoskauBild: DW

Moskauer TV-Sender: "Franzosen fordern Nobelpreis für Putin"

In den russischen Medien gibt es viel Lob für Putin. Auf der Internetseite des überregionalen russischen TV-Senders "NTV" erschien die Überschrift: "Franzosen verleihen Putin den Nobelpreis für Frieden in Syrien." Ein Link darunter verweist auf die Hauptnachrichtensendung "Segodnja" ("Heute"). In einer Nachrichtenzusammenfassung über Syrien sagt dort Moderator Pawel Matwejew: "Es ist klar, dass Russland mit seiner Initiative zur Kontrolle der Chemiewaffen ins Schwarze getroffen hat. Im Prinzip unterstützt die Initiative sogar die NATO."

Und weiter im Text: "Der russische Präsident wurde zum Helden dieser Tage. In den Straßen Roms werden Putin-Plakate geklebt mit der Aufschrift 'Ich bin mit Putin'. In Ägypten gesteht man seine Liebe zu Putin mit dem Nebensatz: 'Goodbye, Amerika'. Und in Frankreich schlägt man sogar vor, Putin den Friedensnobelpreis zu verleihen mit der Begründung, wenn er tatsächlich den Militärschlag verhindere, habe er auf alle Fälle mehr für den Frieden getan als Friedensnobelpreisträger Barack Obama." Wer die ominösen Franzosen sind, wann und wo sie diesen Vorschlag eingebracht haben sollen, wird nicht präzisiert.

Putin belehrt Washington

Putin selbst nutzt die Gunst der Stunde, um die USA zu belehren. In einem Beitrag in der "New York Times" betont er: "Es gibt Anlass zur Sorge, dass die militärische Einmischung in die inneren Konflikte von anderen Staaten zur alltäglichen Praxis für die USA geworden ist. Entspricht es den langfristigen Interessen Amerikas? Ich bezweifle es. Millionen von Menschen überall auf der Welt sehen Amerika immer öfter nicht als ein Demokratiemodell, sondern als Land, das allein auf grobe Gewalt setzt, das Koalitionen zusammenschmiedet nach dem Motto 'Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns'."

Aber eröffnet Moskaus Initiative den Weg zum Frieden? Experten sind skeptisch. Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik glaubt, dass "die syrische Regierung versuchen wird, diesen Vorschlag auch zum Zeitschinden zu nutzen". Zwar gebe es nun ein "Fenster der Möglichkeiten" auch für eine Neuauflage von Verhandlungen zwischen den syrischen Konfliktparteien. Aber wer, so fragt die Expertin, solle am Verhandlungstisch sitzen? Die syrische Opposition lehne Assad ab. Der russische Vorschlag zu den Chemiewaffen setze aber eine Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft sowohl mit dem Assad-Regime als auch mit der Opposition voraus. Denn sonst sei die Sicherheit internationaler Inspekteure in Syrien nicht gewährleistet.

Margarete Klein ist Expertin für die russische Nahost-Politik (Foto: DW)
Margarete Klein ist Expertin für die russische Nahost-PolitikBild: M. Klein

Keine neue Syrien-Politik des Kreml

Der unabhängige russische Militärexperte Alexander Golz ist sicher, ohne die Androhung eines Militärschlags hätten sich weder Moskau noch Damaskus auch nur einen Millimeter bewegt. "Noch vor Tagen schien es, dass Moskau an den Straßenrand der Weltpolitik geraten sei. Es gipfelte in der Absage Obamas, sich mit Putin zu treffen. Der Westen war es leid, Russlands ewiges Lamento zu hören." Doch nun habe sich Russland wieder ins Spiel zurückgebracht.

Aber hat sich die russische Position gegenüber dem Regime in Syrien geändert? Alexander Golz gibt darauf folgende Antwort: "Der Grundstein der russischen Außenpolitik ist das Konzept, dass innere Konflikte in einem Land selbst, ohne Einmischung von außen, gelöst werden sollen. Das bedeutet, dass jeder autoritäre Führer seinem Volk das antun darf, was er gerade für richtig hält." Der Experte geht daher nicht davon aus, dass sich die Haltung des Kreml gegenüber dem Assad-Regime verändert hat.