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Politik

"Falsch verstandenes Solidaritätsgefühl"

Miodrag Soric
27. März 2018

Russland fühlt sich durch die Diplomaten-Ausweisungen ungerecht behandelt. Dass der Westen Strafen verhängt, während man wegen der Kemerowo-Katastrophe trauert, ist für viele unverständlich. Von Miodrag Soric, Moskau.

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Großbritannien russische Botschaft | Alexander Yakovenko, Botschafter, Empfang für ausgewiesene Diplomaten
Empfang für die ausgewiesenen Diplomaten in der russischen Botschaft Großbritanniens (am 16. März)Bild: Reuters/Russian Embassy

"Russland wird vom Westen grundlos bestraft." So die vergleichsweise einheitliche Reaktion auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus vielen westlichen Hauptstädten. Zum wiederholten Mal verneint das Außenministerium in Moksau, dass Russland etwas mit dem Attentat in Salisbury zu tun habe. Außenminister Sergej Lawrow sagte, die Ausweisungen seien das Ergebnis einer "kolossalen Erpressung" seitens der USA und kündigte an: "Wir werden antworten. So eine Gemeinheit will niemand einfach hinnehmen, auch wir werden das nicht tun."

Sergej Lawrow
Außenminister Lawrow: "Kolossale Erpressung"Bild: Getty Images/AFP/Minh Hoang

In einer Erklärung des Ministeriums hieß es, die Ausweisungen hülfen nicht dabei, jene zu finden, die schuldig sein. Moskau sei aber weiterhin offen für Gespräche. Senator Konstantin Kosatschow, Chef des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, sagte, die Regierung in Washington habe "entschieden, 60 russische Diplomaten aus den USA und 60 amerikanische Diplomaten aus Russland auszuweisen", und spielt damit auf die zu erwartende russische Reaktion auf die Maßnahme an.

Welches US-Konsulat muss Betrieb einstellen?

Nachdem die USA auch das russische Generalkonsulat in Seattle schließen ließen, wird in der Moskauer Presse darüber diskutiert, welches US-amerikanische Konsulat demnächst den Betrieb einstellen müsse: jenes in Wladiwostok, in Jekaterinburg oder in Sankt Petersburg. 

Juri Shvytkin, stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungs-Ausschusses der Duma, meint, dass die Konfrontation die "globale Stabilität" bedrohe. Die Konfrontation sei "unilateral" und komme von den USA und Großbritannien. Der kommunistische Duma-Abgebordnete Leonid Kalaschnikow erklärte zu der jüngsten Eskalation auf diplomatischer Ebene, so etwas passiere öfter vor dem Beginn eines Krieges. Die Europäer könnten ein "falsch verstandenes Solidaritätsgefühl" nicht überwinden.

"Vollwertiger Kalter Krieg"

Der Politologe Fjodor Lukianow glaubt nicht an ein baldiges Ende der Eskalation. Im Gegenteil. Die Krise werde sich weiter zuspitzen. "Ein vollwertiger Kalter Krieg" stehe bevor. Nicht einmal die Ukraine-Krise oder die um die Annexion der Krim hätten zu einer solchen Verschärfung der Lage geführt.

Dass der Westen weitere Sanktionen ankündigt und Diplomaten ausweist ausgerechnet in einer Zeit, in der Russland um die ums Leben gekommenen Kinder in Kemerowo trauert, empört viele Russen. Die Tragödie um den Brand ist mit Abstand das wichtigste Thema in den Nachrichten. Das russische Fernsehen zeigt Präsident Putin bei Krankenhausbesuchen Verletzter, der Opfer gedenkend an der Mauer des Einkaufzentrums, im Gespräch mit Bürgern in Kemerowo. Einige hundert Anwohner demonstrierten und forderten die Behörden dazu auf, die Ursache des Brandes aufzuklären. Präsident Putin hat ihnen dies zugesagt.

Am Ende, so Kreml-Sprecher Dimitri Peskow, werde der Präsident auch entscheiden, wie Russland auf die Ausweisung seiner Diplomaten reagiere.

Anteilnahme nach Brandkatastrophe