Russland: Weitere Nichtregierungsorganisation vor dem Aus
28. April 2023Nach der Schließung der Moskauer Helsinki Gruppe im Januar, der ältesten Menschenrechtsorganisation in Russland , verfügt dasselbe Gericht nun die Auflösung des Sowa-Zentrums. Die Kammer entschied, eine entsprechende Anweisung des Justizministeriums sei umzusetzen. "Der Klageschrift wurde stattgegeben", teilte das Gericht auf Anfrage der Agentur Interfax mit.
Das Sowa-Zentrum, das auf Themen wie Rassismus und Menschenrechte spezialisiert ist, war bereits als "Ausländischer Agent" eingestuft. Die Auflösung begründete das Gericht nun damit, dass die Nichtregierungsorganisation sich an Veranstaltungen außerhalb Moskaus beteiligt habe, was als Verstoß gegen die Vorschriften gewertet wurde.
Sowa publizierte zum Rechtsradikalismus
Das Sowa-Zentrum teilte mit, es werde gegen die Anordnung Berufung einlegen. Das 2002 gegründete Zentrum ist bekannt für seine Publikationen zu sensiblen Themen wie Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit sowie zu der Frage, wie die "Extremismus"-Gesetze in Russland angewendet werden.
Im Januar hatte dasselbe Moskauer Gericht die Schließung der Moskauer Helsinki Gruppe angeordnet, der ältesten Menschenrechtsorganisation in Russland. Seit Beginn der Ukraine-Offensive im Februar vergangenen Jahres werden in Russland Politiker oder Organisationen, die der offiziellen Linie widersprechen, verfolgt.
Bundesregierung: "Es gibt in Russland keine Meinungsfreiheit mehr"
Deutschland hat mit scharfen Worten die Anordnung zur Auflösung des Sowa-Zentrum kritisiert. "Fakt ist: Es gibt in Russland keine Meinungsfreiheit mehr", so eine Regierungssprecherin in Berlin. Die Bundesregierung beobachte den Umgang des russischen Staates mit Oppositionellen und Nichtregierungsorganisationen "mit größter Sorge". Die Situation habe sich inbesondere seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 verschlechtert.
Die Schließung von Sowa reihe sich ein "in eine traurige Liste" weiterer Auflösungsanordnungen gegen Nichtregierungsorganisationen in Russland, darunter die der Organisation Memorial, die im vergangenen Jahr den Friedensnobelpreis erhalten hatte.
Die Bundesregierung forderte erneut die unverzügliche Freilassung des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny sowie auch aller anderen zu Unrecht politisch Inhaftierten. Deutschland sei bereit, Nawalny nach der Haftentlassung aufzunehmen. "Davon gehe ich fest aus", erklärte die Regierungssprecherin. Mitte April hatte auch der Europarat die russische Regierung aufgerufen, dem Oppositionellen medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Zuvor gab es Informationen, dass sich der Gesundheitszustand des 46-Jährigen rapide verschlechtert habe.
nob/AR (afp, interfax)