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Russland als Top-Favorit zur Eishockey-WM

Andreas Sten-Ziemons8. Mai 2014

Bei der Eishockey-WM sind die Deutschen nur Außenseiter. Favorit Russland will die Schmach von Sotschi tilgen, und auch die weißrussischen Gastgeber stehen unter Druck. Ihr Staatschef ist großer Eishockey-Fan.

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Die Eishockey-Spieler der russischen Mannschaft stehen vor dem Tor zusammen und schwören sich ein (Foto: ALEXANDER NEMENOV/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Gleich von Anfang an in die Vollen, das scheint das Motto der WM-Organisatoren beim Festlegen des Spielplans der Eishockey-WM gewesen zu sein. Am Freitag (09.05.2014) beginnt in Minsk die 78. Weltmeisterschaft mit dem Top-Spiel des Vizeweltmeisters Schweiz gegen Rekordchampion Russland. Besonders die Russen werden knapp drei Monate nach den Olympischen Winterspielen allen beweisen wollen, dass sie zu den besten Teams der Welt gehören. In Sotschi enttäuschten sie eine ganze Nation, als sie, anstatt die fest eingeplante Goldmedaille zu gewinnen, bereits im Viertelfinale scheiterten.

Neben den Russen gelten die Titelverteidiger aus Schweden, Olympiasieger Kanada, die immer starken Tschechen und die USA als Favoriten auf den WM-Titel. Allerdings fehlen - wie meistens bei einer WM im Olympiajahr - die ganz großen Namen aus der nordamerikanischen Profiliga NHL, wo noch die Playoffs um den Stanley Cup laufen. Schweden muss daher auf seine Superstars verzichten. Auch Kanada kommt ohne seinen Ausnahmespieler Sidney Crosby und weitere namhafte NHL-Profis nach Weißrussland und geht genau wie die USA mit einem sehr jungen Team an den Start. Nur die Russen bieten nach dem peinlichen Olympia-Aus ihr bestes Team auf. Auch Alexander Owetschkin, mit 51 Treffern für die Washington Capitals NHL-Torschützenkönig, ist dabei. Bei Tschechien steht Altstar Jaromir Jagr (42 Jahre) im Kader.

Viele Absagen im deutschen Team

Auch der deutsche Bundestrainer Pat Cortina musste vor dem Turnier die Absagen zahlreicher Leistungsträger hinnehmen - zum Teil wegen Verletzungen, aber auch aus persönlichen Gründen. Besonders schmerzt das Fehlen von NHL-Star Christian Ehrhoff. Der Verteidiger war bei der WM im vergangenen Jahr mit drei Toren und zwei Vorlagen bester deutscher Scorer. Stattdessen setzt Cortina auf eine Mischung aus erfahrenen und jungen Profis, die in der überwiegenden Mehrzahl in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ihr Geld verdienen.

Eishockeyspieler Christian Ehrhoff im deutschen Trikot (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)
Nicht dabei: Christian EhrhoffBild: Getty Images

Der neunte Platz, den die Deutschen im vergangenen Jahr bei der WM in Helsinki und Stockholm belegten, dürfte nur schwer zu wiederholen sein. Die deutsche Mannschaft bestreitet ihr erstes WM-Spiel am Samstag (10.05.2014) gegen Kasachstan. Die weiteren Gegner in Gruppe B sind Lettland, Finnland, die Schweiz, Gastgeber Weißrussland, Russland und die USA.

"Müssen Deutschland sein!"

"Wir müssen gleich in die Spur kommen", sagte Cortina nach der verlorenen Generalprobe gegen die USA (1:3) am Dienstag (06.05.2014). Es helfe nichts, auf die Stärke des Gegners und eine mögliche Favoritenrolle zu achten. "Es ist die größte Falle, darüber zu spekulieren", fügte der Italo-Kanadier hinzu: "Wir müssen Deutschland sein." Und das heißt beim Eishockey: hart arbeiten, eine gute Struktur im Spiel haben und leidenschaftlich kämpfen.

Die beiden Münchener Alexander Barta (146 Länderspiele) und Yannic Seidenberg (97) gehören zu den erfahrensten Akteuren. Interessant wird sein, wie die Youngster bei ihrer ersten WM zurechtkommen. Besonders große Erwartungen schürt der erst 18-jährige Leon Draisaitl, der als Ausnahmetalent gilt und bei den Prince Albert Raiders, einem kanadischen Jugendteam, spielt.

Kritik an Weißrusslands Staatschef Lukaschenko

Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko spielt Eishockey
Weißrusslands Staatschef Lukaschenko ist begeisterter Eishockey-Fan und steht auch selbst auf dem EisBild: picture-alliance/dpa

Gleichermaßen groß sind die Erwartungen an die WM und die Vorfreude auf das Turnier im eigenen Land bei Alexander Lukaschenko. Der weißrussische Staatschef, der sein Land seit 1994 im autokratischen Stil regiert, ist bekennender Eishockey-Fan. Extra für die WM ließ er zwei neue Multifunktionsarenen bauen, in denen die WM-Spiele stattfinden. Die Minsk Arena fasst 15.000 Zuschauer und ist bereits seit 2010 Austragungsort der Heimspiele von Dinamo Minsk in der Kontinentalen Hockey Liga (KHL). Außerdem entstand die Tschyschowka Arena mit 9600 Plätzen.

Allerdings fällt der Name Lukaschenkos im Vorfeld der WM nicht im sportlichen Zusammenhang, sondern im Zusammenhang mit Berichten über Menschenrechtsverletzungen. Nach Angaben von Amnesty International wurden in den vergangen zwei Wochen 16 Aktivisten festgenommen - im Vorfeld und im Anschluss an eine genehmigte Demonstration zum Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe. Sie bekamen fünf bis 25 Tage Haft. "Im Vorfeld der WM versuchen die Behörden durch Verhaftungen kritische Stimmen auszuschalten und Aktivisten einzuschüchtern", sagte Jovanka Worner von Amnesty: "Die weißrussische Regierung tritt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit immer wieder mit Füßen. Es ist Zeit für Fairplay bei den Menschenrechten!"

Wegen angeblich gefälschter Wahlen, der Niederschlagung von Protesten und der Inhaftierung zahlreicher Oppositionspolitiker steht der 60-jährige Lukaschenko seit Jahren massiv in der Kritik. Weißrussland ist zudem das letzte Land in Europa, in dem die Todesstrafe vollstreckt wird. Bereits vor zwei Jahren hatten Politiker im Westen daher eine Verlegung der WM in ein anderes Land gefordert. Der Weltverband IIHF blieb aber bei seiner 2009 getroffenen Entscheidung.