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Eric Rohmer tot

12. Januar 2010

Der französische Filmemacher ist tot. Rohmer drehte in fünf Jahrzehnten rund 25 Filme. Nicht selten setzte er sich auch mit den Geistesgrößen des deutschen Sprachraums auseinander.

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Porträt Eric Rohmer in Schwarz/Weiß (unbekannt)
Eric RohmerBild: picture-alliance / dpa

Rohmer liebte deutsche Kultur. Und die Deutschen liebten seine Filme. Als er 1972 seine Doktorarbeit über künstlerische Aspekte in Friedrich Wilhelm Murnaus berühmter "Faust"-Verfilmung vorlegte, da war Rohmer schon ein gestandener Filmemacher. Auch in Deutschland kannte man ihn, unter anderem als Mitinitiator der französischen Nouvelle Vague. Die 1980er Jahre in den Programmkinos in Berlin, München und Köln sollten "seine" Zeit werden. Seine "Nacht bei Maude" (1969) war sogar für den Oscar nominiert worden.

Hits in deutschen Programmkinos

In den 1980er Jahren war jeder neue Rohmer-Film ein unbedingtes Muss bei den Cineasten hierzulande. "Pauline am Strand" (1983), vor allem der wunderschöne Paris-Film "Vollmondnächte" (1984), später dann auch "Das grüne Leuchten" (1986) und "Der Freund meiner Freundin" (1987) - die so einfach dahingetupften Beziehungsdramen und -komödien begeisterten damals Studenten und Kinointeressierte, Frankophile und die Anhänger des europäischen Autorenkinos.

Vorsichtig umarmt Philippe (Jean-Claude Dreyfus), der Herzog von Orleans und Cousin Ludwigs XVI., im neuen Kinofilm "Die Lady und der Herzog" seine ehemalige Geliebte, die attraktive Adlige Grace Elliott (Lucy Russell, Szenenfoto). Trotz politischer Differenzen zur Zeit der französischen Revolution pflegen sie ein freundschaftliches Verhältnis. Und obwohl der Herzog die Revolutionäre unterstützt, lebt die Lady nicht ungefährlich. Als der König von den Aufständischen ins Gefängnis geworfen wird, nutzt Lady Elliot ihren Einfluss auf den Herzog, um ihre eigenen politischen Überzeugungen durchzusetzen... Starttermin des Dramas: 21.3.2002.
Rohmers "Die Lady und der Herzog" von 2001Bild: picture alliance / dpa

Es wurde immer viel geredet bei Rohmer, pausenlos lieferten sich die Darsteller Dialoge über Liebe und Eifersucht, über Träume und das Leben. Meist war es ein halbes Dutzend Charaktere, zwischen denen es hin und her ging. Einer war verliebt in eine andere, die aber begehrte wieder einen Dritten... Klassische Konflikte, keine großen Dramen - aufgelöst in Dialogen.

War es vielleicht gerade das, was die Deutschen damals einnahm für Rohmer, war es das viele Reden? Vielleicht war der Franzose gerade damit nah an deutschen Mentalitäten. Auch deutsche Regisseure waren ja nie dafür bekannt auf Sprache zu verzichten und ganz auf die visionäre Kraft des Bildes zu setzen. Rohmer-Filme hatten dann aber noch einen unschlagbaren Vorteil. Sie wussten bestens zu unterhalten und spielten in schöner französischer Kulisse, in Paris, in den mondänen Seebädern oder auch in der Provinz.

Reden und Schreiben fürs Kino

Das Reden über den Film, das lag Rohmer, der im Übrigen auch sehr gut Deutsch sprach. Vor allem aber das Schreiben. Wie seine schon ein wenig früher als Filmemacher erfolgreichen Kollegen Francois Truffaut, Jean-Luc Godard und Claude Chabrol, hatte auch Rohmer als Kritiker begonnen, bei der berühmten Zeitschrift "Cahiers du Cinéma". Ein Buch über Hitchcock schrieb er gemeinsam mit Chabrol, der deutsche Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau wurde schon früh zu einem seiner Fixsterne.

Friedrich Wilhelm Murnau um 1925 mit Filmstreifen Ausstellung Filmmuseum Berlin
Fixstern F.W. MurnauBild: Filmmuseum Berlin

"Murnau ist der größte aller Filmemacher" schrieb Rohmer damals und später verwies er immer wieder darauf, wie viel ihm der Deutsche bedeutete: "'Der letzte Mann', dieser bewundernswürdige Film, der dennoch vehement angefeindet worden ist, 'Faust', 'Sunrise' und der 'fiktionale Dokumentarfilm Tabu', zeigen aufgrund des Gesamteindrucks der Einstellungen die reichste filmische Einbildungskraft, die möglich ist."

Kleist, Mozart und Beethoven

Eric Rohmer beschäftigte sich früh auch schon mit Heinrich von Kleist, verfilmte dessen Novelle "Die Marquise von O.", mit Edith Clever und Bruno Ganz in den Hauptrollen, in der Sprache des deutschen Dichters. Gedreht wurde damals 1976 im Mittelfränkischen. Drei Jahre später inszenierte der Regisseur in Nanterre "Das Käthchen von Heilbronn". Die Übersetzung ins Französische nahm er selbst noch einmal vor, das war nicht unumstritten.

Der französische Filmregisseur Eric Rohmer wird beim Filmfestival in Venedig mit dem "Goldenen Löwen"für sein Lebenswerk ausgezeichnet (Archivfoto vom 07.09.2001). Die Filme Eric Rohmers sind eigenwillig, doppelbödig und voller Ambivalenzen. Das mag daher rühren, dass Rohmer mit seiner Kamera meist Abstand hält, natürliche Beleuchtung einsetzt und aus seinen Protagonisten keine Helden, sondern alltägliche Figuren macht. Rohmer, der am kommenden Montag (21. März) 85. Jahre wird, gehört zu den Gründungsvätern der «Neuen Welle», die sich in den 60er Jahren gegen die Konventionen erstarrter französischer Filme auflehnten und sich für den Autorenfilm einsetzten. Foto: Claudio Onorati dpa (zu Korr: "Eigenwillig und voller Ambivalenzen - Eric Rohmer wird 85" vom 20.03.2005) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Eric RohmerBild: picture-alliance/ dpa

Obwohl bei Rohmer mit zunehmendem Alter die Darsteller seiner Filme immer jünger wurden, war der Franzose ein klassischer Intellektueller. Sein ausnehmendes Interesse galt der Literatur, der Philosophie, auch der klassischen Musik - 1996 erschien sein Essay über Mozart und Beethoven. Das französische Kino hat mit Eric Rohmer einen großen Filmemacher verloren - und Deutschland einen Freund seiner Kultur.

Autor: Jochen Kürten

Redaktion: Ramon Garcia-Ziemsen