Genua: Rohbau der neuen Autobahnbrücke fertig
28. April 2020Beim Bau der neuen Brücke von Genua ist mitten in der Corona-Krise ein Meilenstein erreicht. Die Struktur der Autobahnbrücke, die den West- und Ostteil der italienischen Stadt verbindet, ist weniger als zwei Jahre nach dem Einsturz fertig. Dazu wurde das letzte Deck-Teil in die Höhe gehoben.
Regierungschef Giuseppe Conte sagte bei einem Besuch der Baustelle, der Wiederaufbau sei ein "Licht, das Italien Hoffnung gibt". Genua sei "ein Modell für das Italien, das wieder aufsteht, das die Ärmel hochkrempelt". Die alte Brücke war im August vor zwei Jahren eingestürzt, 43 Menschen starben. Die "ganze Welt" habe den Einsturz verfolgt, und die ganze Welt würde nun die Bilder des Wiederaufbaus sehen - als Sinnbild für die "Kreativität Italiens", sagte Conte.
Einweihung spätestens Anfang Juli
Nach dem Einsatz des letzten Deck-Teils müssen unter anderem noch die Fahrbahnen asphaltiert und Beleuchtung und Verkehrsleitsysteme angebracht werden. Auch die Installation von Windschranken und Solaranlagen steht noch aus. Anschließend sind umfassende Straßentests geplant. Spätestens Anfang Juli soll die Brücke für den Verkehr geöffnet werden.
Der Entwurf für das Bauwerk stammt von dem italienischen Star-Architekten Renzo Piano, zu dessen bekanntesten Werken das Centre Georges Pompidou in Paris gehört. Beim Design der Brücke orientierte sich der gebürtige Genuese an einem Schiffsrumpf, der an die jahrhundertelange Geschichte Genuas als Hafenstadt erinnern soll.
17.500 Tonnen Stahl verbaut
Die Arbeiten an dem Viadukt gingen trotz Corona-Krise weiter. An der Baustelle sei 24 Stunden sieben Tage die Woche gearbeitet worden, sagte Bürgermeister Marco Bucci. Für das mehr als ein Kilometer lange Brückenstück wurden rund 17.500 Tonnen Stahl verbaut. Als das letzte Teil oben eingesetzt wurde, heulte die Baustellensirene. Als Gruß an die neue Brücke tuteten auch Schiffe in der Hafenstadt.
Der Einsturz der - nach ihrem Architekten benannten - Morandi-Brücke hatte das ganze Land geschockt und ein nationales Trauma ausgelöst. Denn Genua steht auch für die marode Infrastruktur in ganz Italien. Dem Autobahnbetreiber Autostrade per l'Italia soll schon lange vor dem Einsturz bekannt gewesen sein, dass es Schäden an der Brücke gab. Bei der Staatsanwaltschaft läuft ein Mammutverfahren gegen mehr als 70 Verdächtige. Zu den Beschuldigten gehört auch das Unternehmen selbst - und zu den Vorwürfen gehört unter anderem mehrfache fahrlässige Tötung. Doch bis ein erstes Urteil gesprochen werde, könnte es bis 2022 dauern.
sti/uh (afp, dpa)