1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rettungspaket für Portugal steht

17. Mai 2011

Auch Portugal erhält Milliardenhilfen von der EU. Bei ihrem Treffen in Brüssel nominieren die Finanzminister der Euro-Gruppe zudem Italiens Notenbankchef Draghi als neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank.

https://p.dw.com/p/11HRe
Jean-Claude Trichet und Draghi (Foto: AP)
Draghi (rechts) wird Nachfolger von Jean-Claude Trichet (Archivbild)Bild: AP

Ein knallhartes Sparprogramm ist der Preis, den Portugal für seine Rettungsmilliarden zahlen muss. Ausgehandelt hat die drastische Senkung des Staatsdefizits eine nur noch amtierende Regierung, denn in Portugal wird am 05.06.2011 gewählt. Der geschäftsführende Ministerpräsident Jose Socrates war beim Versuch, ein ähnliches Sparpaket Ende März durchs Parlament zu bringen, gescheitert und trat zurück.

Obwohl die politische Lage in Portugal also äußerst instabil ist, billigten die Finanzminister der Euro-Länder in Brüssel am Montagabend (16.05.2010) das Hilfspaket in Höhe von 78 Milliarden Euro, verteilt auf drei Jahre Laufzeit. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, das sei möglich, weil sich alle Parteien in Portugal zur Unterstützung des Programms verpflichtet hätten: "Das ist ein wichtiger Schritt für die finanzielle Stabilität des Euro und ganz Europas." Die erste Rate soll schon im Mai ausgezahlt werden, also noch vor den Wahlen.

Juncker betroffen wegen IWF-Chef

Dominique Strauss-Kahn (Foto: dapd)
Nicht in Brüssel, sondern in New York vor Gericht: Dominique Strauss-Kahn (rechts)Bild: dapd

Ein Drittel der Notkredite wird vom Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington stammen. Dessen inhaftierter Direktor Dominique Strauss-Kahn wurde in Brüssel von Vize-Direktorin Nemat Shafik vertreten. Der sichtlich betroffene Chef der Euro-Gruppe, der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, sagte, Strauß-Kahn, sei ein guter Freund: "Diese Bilder aus New York zu sehen, macht mich sehr traurig." Juncker rät dem IWF-Chef nicht zurückzutreten. Diskussionen über eine Nachfolge findet er sehr unpassend. Strauß-Kahn wurde in den USA der Vergewaltigung angeklagt und muss in Untersuchungshaft bleiben.

Wesentlicher kritischer als in Portugal ist die wirtschaftliche Lage offenbar in Griechenland. Nach Schätzungen der EU-Kommission wird sich der Schuldenstand in Griechenland im kommenden Jahr auf 166 Prozent des Bruttoinlandsproduktes belaufen, der mit Abstand höchste Wert in der Euro-Zone. Das Land wird sich nach Meinung fast aller Experten auch am Ende von 2012 nicht zu vernünftigen Preisen auf dem freien Kapitalmarkt finanzieren können. "Eine große Umschuldung Griechenlands steht nicht zur Debatte", betonte der Chef der 17 Euro-Länder, Jean Claude Juncker.

Keine Umschuldung in Griechenland

Fernando Teixeira dos Santos, Olli Rehn (Foto: dapd)
Gipfel-Gespräch: Fernando Teixeira dos Santos (Porutgal) EU-Kommissar Olli RehnBild: AP

Da die Finanzminister in Brüssel das böse Wort Umschuldung nicht in Mund nehmen wollten, wird es umschrieben. Die Kreditlaufzeiten für Griechenland sollten verlängert und die Zinsen gesenkt werden, regte etwa Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an. Der private Sektor sollte an der Verminderung der Schuldenlast beteiligt werden, sagte Schäuble weiter.

Das alles läuft eine "weiche" Umschuldung hinaus, an der sich große private Gläubiger freiwillig beteiligen sollten, um einen Teil ihres eingesetzten Kapitals zu retten. Private Banken sind in Europa massiv dabei, ihre griechischen Schuldentitel abzustoßen. Diese werden mehr und mehr durch staatliche Kredite abgelöst. Das Risiko wird also auf den Steuerzahler abgewälzt. Dem will Schäuble nicht länger zusehen.

Widerstand wächst

Papaconstantinou, Trichet (Foto: AP)
Der griechische Finanzminister Georgios Papaconstantinou verhandelte mit TrichetBild: AP

Frankreich und die Europäische Zentralbank argumentieren allerdings vehement gegen eine wie auch immer bezeichnete Umschuldung. Französische Banken sind die größten privaten Gläubiger in Griechenland. Die EZB hält nach Schätzungen rund 50 Milliarden Euro in griechischen Staatsanleihen. Sie könnte bei einer Umschuldung auf erheblichen Verlusten sitzenbleiben, die am Ende auch von den Steuerzahlern gedeckt werden müssten. Entscheidungen zum Thema Griechenland wollen die Finanzminister erst im Juni fällen. Sollte es eine Umschuldung geben, wird diese nur sehr kurzfristig angekündigt, um eine Panik an den Finanzmärkten zu vermeiden.

Es regt sich aber auch Widerstand gegen mehr Notkredite an Griechenland. Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager sagte, Griechenland müsse mehr tun, die Privatisierung von Staatsfirmen vorantreiben. Sollte der Internationale Währungsfonds empfehlen, Griechenland keine weiteren Kredite mehr zu gewähren, würden sich die Niederlande von der Griechenland-Hilfe verabschieden. Auch die Finanzministerin von Österreich, Maria Fekter, erhöhte den Druck auf Griechenland. Sie sprach sich aber dafür aus, dem Land mehr Zeit zum Zurückzahlen seiner Schulden einzuräumen.

Nächste Rate für Athen im Juni?

Griechische Bank (Foto: AP)
Die Hilfen für Griechenland sind in Deutschland umstrittenBild: AP

Nach einer entsprechenden Empfehlung von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank wäre die nächste Rate der Hilfskredite in Höhe von 12 Milliarden Euro im Juni fällig. Sollte Athen dieses Geld nicht bekommen, wäre ein Staatsbankrott Griechenlands wohl nicht mehr abzuwenden. Neue Kredite für Griechenland, die über den bisher gespannten Rettungsschirm von 110 Milliarden Euro hinausgehen, seien "nicht ausgeschlossen, aber keinesfalls beschlossen", sagte Euro-Gruppen-Chef Juncker.

In Deutschland mehren sich in der Regierungskoalition kritische Stimmen zum Rettungskurs der Bundesregierung. Sie ist formal aber bei der Vergabe neuer Mittel an Griechenland nicht auf die Zustimmung der Parlamentarier angewiesen. Allerdings wird die Einrichtung eines permanenten Europäischen Stabilitätsmechanismus, also eines permanenten Rettungsfonds nach 2013, nur mit Zustimmung des Parlamentes möglich sein. Einem Gutachten zufolge könnte sogar eine Verfassungsänderung nötig sein. Auch in Finnland könnte sich eine noch zu bildende Regierungskoalition neuen Krediten für Griechenland verweigern.

Noch keine Zinsermäßigung für Irland

Bank von Irland (Foto: dpa)
Die Lage in Irland ist im Moment nicht ganz so dramatischBild: picture alliance/dpa

Der irische Finanzminister Michael Noonan, dessen Land ebenfalls seit November 2010 Hilfskredite der EU in Anspruch nimmt, rechnete nicht damit, dass die Zinsen für diese Kredite bald gesenkt werden. Irland zahlt fast sechs Prozent Zinsen, während die Zinsen für Griechenland bereits unter fünf Prozent gesenkt wurden. Einige Euro-Länder verlangen, dass Irland zunächst seine niedrigen Unternehmenssteuern erhöht. Das lehnte Finanzminister Noonan aber kategorisch ab. Irland muss vor allem seinen maroden Bankensektor mit riesigen Milliardenbeträgen stützen. Im Gegensatz zu Griechenland und Portugal wächst die irische Wirtschaft bereits wieder leicht. Die Lage beim ehemals keltischen Tiger ist im Moment also nicht ganz so dramatisch.

Wenig überraschend schlugen die Finanzminister der Euro-Gruppe den italienischen Notenbank-Chef Mario Draghi als neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank vor. Der Italiener, der mangels eines deutschen Kandidaten auch von Bundeskanzlerin Merkel unterstützt wird, muss nun im Juni von allen Staats- und Regierungschefs unterstützt werden, was aber nur als Formsache gilt. Draghi gilt als Verfechter einer restriktiven Geldpolitik, die vor allem eine niedrige Inflation zum Ziel hat.

Autor: Bernd Riegert

Redaktion: Dirk Eckert