Rettungsfonds Herabgestuft
17. Januar 2012Noch bewerten die beiden anderen großen Ratingagenturen, Moody’s und Fitch, den 440 Milliarden Euro umfassenden Rettungsfonds der Euro-Länder mit der Bestnote AAA. Standard and Poor's dagegen stufte den EFSF auf AA+ herab, weil die Agentur mit Frankreich und Österreich wichtige Einzahler in den Fonds als weniger kreditwürdig ansieht.
Die Rechnung ist eigentlich ganz einfach: Wenn die Anteilseigner, also die Euro-Staaten, an Kreditwürdigkeit verlieren, dann verliert auch der Fonds, eine privatrechtlich organisierte Firma in Luxemburg, an Kreditwürdigkeit. Dennoch muss das nicht zwangsläufig höhere Zinszahlungen, also höhere Kosten für den EFSF bei der Geldbeschaffung bedeuten. Darauf weist der Fonds selbst hin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte sich ähnlich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Leidet die Schlagkraft der Retter?
Um das Spitzenrating zu erhalten, sollten die Anteilseigner, die herabgestuft wurden, ihre Garantien für den Rettungsfonds erhöhen, fordert der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Meister. Deutschland sei nicht herabgestuft worden und müsse deshalb auch nicht mehr garantieren als die vereinbarten 211 Milliarden Euro. Frankreich und Österreich, die von Standard and Poor's auf AA+ gesetzt wurden, sollten mehr leisten, so Meister. Nach Meinung von Bundesfinanzminister Schäuble dagegen reichten die vorhandenen Garantien für das, was der Rettungsfonds in den nächsten Monaten auszahlen müsse, auf jeden Fall aus.
Der Analyst Jacques Cailloux von der Royal Bank of Scotland sieht das anders. Schon die Herabstufung der anderen Eurostaaten habe die Erwartung zementiert, dass weder der EFSF noch der permanente Rettungsfonds (ESM) ihr AAA-Rating werden halten können, sagte Cailloux. Sollte die Garantien für den Rettungsfonds nicht erhöht werden, würde seine Schlagkraft leiden. Er könnte also weniger Geld an überschuldete Staaten verleihen, die sich an den Finanzmärkten nicht mehr refinanzieren können. Zurzeit erhalten nur Portugal und Irland Hilfe vom EFSF. Er soll aber ein Übergreifen der Krise auf Spanien, Italien oder Frankreich verhindern. Ähnlich sah das der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Tom Mayer, schon in einem Zeitungsbeitrag am Sonntag. Wenn der EFSF sein Spitzenrating einbüße, werde es schwerer, Investoren zu finden, die Anleihen des EFSF kaufen würden.
Politik gibt sich optimistisch
Der französische Wirtschafts- und Finanzminister François Baroin sagte vor der Herabstufung des EFSF durch Standard & Poor’s, die Herabstufung seines Landes werde sich seiner Einschätzung nach nicht negativ auf den Rettungsfonds EFSF auswirken. Es müsse nicht unbedingt eine Erhöhung der Zinsen geben, die der EFSF am Finanzmarkt zu zahlen habe, so Baroin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Auch die Konstruktion des dauerhaften Rettungsfonds ESM, der Mitte des Jahres arbeiten soll, sei nicht negativ betroffen.
Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wird echte Bargeld-Einlagen seiner Anteilseigner, der Euro-Länder, in der Kasse haben. Deshalb hat er in den Augen der Investoren ein anderes Gewicht als der EFSF, der nur von Kreditgarantien lebt. Auf diesem ESM setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt ihre Hoffnung. Der sei viel robuster als der jetzige vorläufige EFSF und nicht so sehr von Rating-Urteilen abhängig, so Merkel. Sie hatte sich am Wochenende in Interviews geäußert.
Moody’s und Fitch warten ab
Der Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagte noch vor der Herabstufung, der EFSF sei für Anleger attraktiv. Erst vergangene Woche hatte der EFSF erfolgreich Anleihen ausgegeben. Hüther teilte die Einschätzung des Finanzministers, dass der EFSF für die nächsten Monate über genügend Mittel verfüge. Eine akute Rettung von Spanien oder Italien stehe ja im Moment nicht zur Debatte.
Die Konkurrenten von Standard and Poor's, die Ratingagenturen Moody's und Fitch, halten vorläufig an der Spitzennote AAA für Frankreich fest. Bis dahin ist es unwahrscheinlich, dass diese Agenturen den Rettungsfonds herabstufen. Moody's will sein Urteil in drei Monaten noch einmal überprüfen. Fitch will Frankreich in diesem Jahr nicht herabstufen. Fitch gehört einer französischen Firmengruppe, während die beiden anderen Agenturen zu amerikanischen Konzernen gezählt werden.
Autor: Bernd Riegert (rtr, afp)
Redaktion: Andreas Becker / Daphne Grathwohl