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Rettet Mode die Umwelt?

Marcus Bösch8. März 2007

Es grünt überall. Denn Ökologie ist auf einmal schwer angesagt. Jute war gestern - Mann und Frau von Welt tragen jetzt Eco-Jeans und ökologische Kapuzenpullis von American Apparel. Aber bringt das was?

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Gemütlich die Umwelt schützenBild: American Apparel

Die Polkappen schmelzen schon länger. Die Klimakatastrophe? Eine Binsenweisheit. Und modebewusste Westeuropäer und stylische Amerikaner entdecken plötzlich das Thema Naturschutz. Während die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel das Weltklima retten wollen, kaufen die Jungen und Schönen Ökoklamotten.

Kartoffelstärke und Kokosnuss

Egal ob von Levis, Nike, dem dänischen Glamourlabel Noir oder der amerikanischen Sportswearmarke American Apparel. Die Klamotten haben nichts mehr mit kratziger Jute zu tun. Sind stattdessen teuer, edel und bequem. "Diese Entwicklung hin zu exklusiven Bioprodukten gab es ja bereits bei Wein und Lebensmitteln. Etwas ähnliches sehen wir jetzt auch bei der Bekleidung", sagt Armin Reller vom Wissenschaftszentrum Umwelt in Augsburg. Der promovierte Chemiker beschäftigt sich seit Jahren mit dem Anbau biologischer Baumwolle.



Wer sich Gedanken darüber macht, wie, woher und von wem der chilenische Ökowein im Glas kommt, der trägt inzwischen auch ungerne pestizidtriefende Industriebaumwollhosen. "Kartoffelstärke, Kokosnuss und natürlich organische Baumwolle" – so deklariert LEvis die Hauptbestandteile seiner Eco-Jeans. Das hört sich nicht nur biologisch wertvoll an, sondern liegt garantiert auch besser auf der Haut. Stellt sich nur die Frage, ob das zeitgeistige Kleidungsstück nun wirklich die Umwelt schützt. So kam die ökologisch angebaute Baumwolle in der Anfangszeit der amerikanischen Vorzeigefirma American Apparel (größter T-Shirt-Hersteller der USA, Jahresumsatz etwa 250 Millionen Dollar) zwar von nebenan. Inzwischen muss aber aus der ganzen Welt zugeliefert werden. Der Grund: Steigende Nachfrage und begrenzte Ressourcen. Denn von den 20 Millionen Tonnen Baumwolle weltweit werden trotz Öko-Hype 2007 nur 120.000 bis 150.000 Tonnen ökologisch angebaut.

Urplötzlich Umweltaktivist?



Wenn die frisch gepflückte Baumwolle dann allerdings erst von Australien oder Pakistan nach Amerika geschafft werden muss, um dann als schicker Kapuzenpulli in europäischen Metropolen verkauft zu werden, dann bleibt vom schönen Umweltgedanken meistens wenig übrig. "Die Energie-Bilanz muss man da natürlich beachten. Bei der Verschiffung schlägt sich das nicht so nieder, aber wenn die Waren per Flugzeug transportiert werden", sagt Reller. Reist der Pullover per Flugzeug, dann kann man mit der benötigten Energie auch seinen heimischen Kühlschrank betreiben – und zwar fast ein Jahr lang.



Fair-Fashion hin, Eco-Jeans her – häufig scheint der Öko-Hype beim Käufer dem Reputationsgewinn und beim Verkäufer der Profitorientierung geschuldet. Denn ob man wirklich den Müll trennt, öffentliche Verkehrsmittel nutzt oder auf Fernreisen verzichtet? Ein anderes Thema! Und die Führungsetage bei Nike ist nicht urplötzlich von Umweltaktivisten gekapert worden. Auch wenn die Firma der inzwischen weltweit größte Abnehmer für Ökobaumwolle ist. "Wenn man böse sein will, dann geschieht da viel aus rein werbetechnischen Gründen", sagt Reller.

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