Reparatur statt Konsumkultur
17. August 2012An ein Caféhaus erinnert die Einrichtung des Repair-Cafés in Köln ganz und gar nicht. Eher an eine Werkstatt. An den Wänden hängen Werkzeuge zum Schrauben, Feilen, Sägen und Stanzen. Statt an Tischchen nimmt der Besucher an einer Werkbank oder einer Lötstation Platz. Die kleine Kaffee-Küche nebenan übersieht man fast. Trotzdem fühlt sich jeder, der hier vorbeikommt, sofort wohl.
Reparieren statt wegwerfen
Auch Hans Hoffmann kommt gerne hierher. Diesmal hat er ein 30 Jahre altes Radio mitgebracht: „Ich habe schon bei verschiedenen Werkstätten nachgefragt. Alle haben mir gesagt, das könne man nicht mehr reparieren - weil es keine Ersatzteile mehr gibt.“
Doch der gelernte Maschinenbauingenieur gibt nicht auf. Hans Hoffmann gehört zu einer Generation, die Dinge erst weggeworfen hat, wenn eine Reparatur unmöglich war, erzählt er. Ob kaputtes Fahrrad, Regal oder Vase: Bevor etwas endgültig im Müll landete, wurde jedes Teil liebevoll zerlegt, gereinigt, geklebt oder neu verschraubt. Nur an elektronische Dinge hat sich Hans Hoffmann nie herangetraut - bis jetzt.
Basteln als neues Hobby
Ein Bürgerverein für Umweltschutz in Köln hat das Repair-Café eröffnet, ein zweites gibt es in Berlin. Die Initiatoren wollen ein Zeichen gegen eine zunehmende Wegwerfkultur und gegen die wachsenden Müllberge setzen. Rund 40 ehrenamtlich engagierte Vereinsmitglieder in der "Dingfabrik" bieten kostenlose Bastel- und Handarbeitsworkshops für Kinder und Erwachsene an. Da wird gestrickt und gehäkelt, geschreinert und getischlert. Viele Besucher haben kein Geld für kommerzielle Werkstätten, oder sie finden die Geräte zum Wegwerfen einfach zu schade.
Ursprünglich stammt die Idee von Repair-Cafés aus den Niederlanden. Dort gibt es bereits seit vielen Jahren solche Bastelstationen, denn immer mehr Hersteller programmieren einzelne Geräteteile absichtlich auf Verschleiß. "Techniker sprechen dann von 'geplanter Obsoleszenz' - wenn zum Beispiel kurz nach Ablauf der Garantie die Kaffeemaschine oder das Mobiltelefon kaputtgehen oder besser: kaputtgehen sollen“, erklärt Alexander Speckmann, einer der Mitgründer des Repair-Cafés. Meist sei die Reparatur teurer als eine Neuanschaffung - und das ist ganz im Sinne der Industrie, denn weniger reparieren heißt mehr konsumieren.
Protest gegen industrielles Gewinnstreben
"Wenn ich günstige Produkte schneller und in größerer Stückzahl verkaufen kann, erhöht das ja meinen Gewinn", erläutert Speckmann das Kalkül der Industrie. Grundsätzlich wäre es natürlich zu begrüßen, wenn die Geräte länger haltbar und auch leichter wieder vom Laien reparierbar wären. Denn für die Umwelt und die Verbraucher ist die billige Kaffemaschine, der günstige Mp3-Player oder der preiswerte Fernseher, die nach zwei oder drei Jahren zu Müll werden, letztlich auch ein teures Geschäft.
Als Konkurrenz zu den Handwerkern wie Radio- und Fernsehtechnikern versteht sich das Repair-Café aber nicht. Es geht hier eher um Geräte, die sonst weggeschmissen würden. Besucher sollen angeleitet werden, Dinge auch selbst zu reparieren.
Nachhaltigkeit und Verantwortung
Gleichzeitig wollen die ehrenamtlichen Mitarbeiter die Verbraucher für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Konsumgütern sensibilisieren. Weil viele Hersteller Geräte heutzutage mit Ablaufdatum produzieren, sollten die Verbraucher lieber auf etwas teurere umsteigen. Dann lohnt im Schadensfall auch eine Reparatur.
An der Werkbank ist der skeptische Gesichtsausdruck von Hans Hoffmann inzwischen einem zufriedenen Lächeln gewichen. Das kleine Radio, das ihn schon seit 30 Jahren begleitet, lässt sich jetzt wieder einschalten - und es spielt. Nur der An-Aus-Schalter war kaputt, und nach der Reparatur hält das stabile Gerät bestimmt noch einmal doppelt so lange. Für den Kunden war die Reparatur gratis - wie in den Repair-Cafés üblich.