Regierungsbildung in Italien kommt voran
10. Mai 2018Zwei Monate hält das Geschacher um eine neue Regierung in Italien schon an. Ausgerechnet der mehrmalige Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi lenkt ein und macht so den Weg für ein neuartiges Regierungsbündnis frei, bei dem er selbst in die Röhre schaut. Erstmals könnten Rechtspopulisten mit der Sterne-Bewegung in den Regierungspalast in Rom einziehen. Jedenfalls erklärten die rechtsextreme Lega und die populistische "Fünf Sterne"-Bewegung nach einem Treffen ihrer Vorsitzenden Matteo Salvini und Luigi Di Maio, sie hätten in ihren Sondierungen "bedeutende Schritte nach vorne" gemacht. Di Maio ergänzte, es seien "die Bedingungen geschaffen worden, um mit der Arbeit an einer Regierung des Wandels" zu beginnen.
Die beiden Parteien baten den Präsidenten aber noch um einen kleinen zeitlichen Aufschub. Sie wollen bis Sonntag ein Regierungsprogramm auf die Beine stellen. Erwartet wird, dass Staatschef Sergio Mattarella am Montag eine Entscheidung über einen Regierungsauftrag fällen könnte. Als Knackpunkt gilt der Posten des Ministerpräsidenten, den bislang sowohl Di Maio als auch Salvini für sich beanspruchten. Beobachter halte es für möglich, dass am Ende stattdessen eine dritte Person zum Zuge kommt und Di Maio Außen- und Salvini Innenminister werden könnte.
Berlusconi lenkt ein
Die "Fünf Sterne" hatten auf eine Koalition ohne Berlusconi gepocht, der mit der fremdenfeindlichen Lega eine Mitte-Rechts-Allianz geschlossen hatte. Überraschend kündigte der 81-jährige Ex-Premier dann aber am Mittwochabend an, kein Veto gegen eine alleinige Regierung aus "Fünf Sternen" und Lega einzulegen.
Die europakritischen Parteien hatten ihre Verhandlungen zwei Monate nach der Parlamentswahl überraschend wieder aufgenommen. Die Wendung kam, nachdem Mattarella die Regierungsfindung zwischen den Parteien für gescheitert erklärt und eine Übergangsregierung als beste Lösung auf dem Weg zur Neuwahl vorgeschlagen hatte.
Die Lega und die "Fünf Sterne" streiten sich seit der Wahl am 4. März um die Macht. Die Mitte-Rechts-Allianz von Lega und Berlusconi hatte mit 37 Prozent die meisten Stimmen bekommen, stärkste Einzelpartei wurde jedoch die Protestbewegung mit knapp 33 Prozent. Die bisher regierende Demokratische Partei stürzte auf 19 Prozent ab. Alle verfehlten die Mehrheit zum Regieren. Der "Fünf Sterne"-Chef Di Maio wollte nur mit der Lega und nicht mit der Forza Italia kooperieren.
Europakritische Programmatik
Sollte es tatsächlich zur Einigung zwischen Di Maio und Salvini kommen, könnten sie ein europakritisches Regierungsprogramm auf die Beine stellen, wie es Italien noch nie gesehen hat. Umso bemerkenswerter ist, dass Mattarella abseits des Parteiengeschachers in Rom zum Zusammenhalt in der Europäischen Union mahnte. "Zu denken, etwas alleine zu schaffen, ist reine Illusion, oder noch schlimmer, die bewusste Irreführung der öffentlichen Meinung", sagte er bei der Eröffnung einer Konferenz bei Florenz.
Die aktuellen Gespräche zwischen den Parteien gelten als letzte Chance für eine neue Regierung. Andernfalls steht letztlich eine Neuwahl bevor. Italien ist aufgrund der weiterhin angeschlagenen Wirtschaft dringend auf politische Stabilität angewiesen.
kle/uh (dpa, rtr, afp)