Regierung gewinnt Kraftprobe mit Seeleuten
6. Februar 2013"Die Fähren laufen normal aus", sagte ein Sprecher der Küstenwache in der Hafenstadt Piräus. In den frühen Morgenstunden war die Polizei in Piräus noch gegen streikende Seeleute vorgegangen, die Fähren am Auslaufen hindern wollten. Vor dem Ministerium für Handelsschifffahrt in der Hafenstadt protestierten rund 4000 Menschen gegen die Entscheidung der Regierung, die Seeleute zum Dienst zu verpflichten. Die Busfahrer im Großraum Athen legten aus Solidarität mit den Seeleuten für vier Stunden die Arbeit nieder.
Die Regierung hatte zuvor von einer Notstandsverordnung Gebrauch gemacht und die Seeleute zurück an die Arbeit gezwungen, nachdem ihre Gewerkschaft angekündigt hatte, der Streik werde bis Freitag verlängert. "Wir konnten die Inseln nicht ohne Versorgung lassen", begründete der Minister für Handelsschifffahrt, Kostis Mousouroulis, die Dienstverpflichtung. Wer ihr nicht Folge leistet, muss mit Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren rechnen. Gewerkschaften und die radikale Linke warfen der Regierung ein diktatorisches Vorgehen vor. Mit der Notverordnung hatte die Regierung bereits im Januar die Beschäftigten der U-Bahn in Athen zum Abbruch eines Streiks gezwungen.
Mit dem Ausstand protestierten die Seeleute unter anderem gegen Einkommenskürzungen, ausstehende Löhne sowie die hohe Arbeitslosigkeit. Die Regierung des hochverschuldeten Landes hatte Gespräche mit den Streikenden geführt. Sie verwahrte sich dabei aber gegen Forderungen, vom Spar- und Reformkurs abzuweichen, der von den internationalen Geldgebern im Gegenzug für Milliardenhilfen verlangt wird. Die Folgen der Sparmaßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen sind unter anderem drastische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Das Land steckt das sechste Jahr in Folge in der Rezession, die Arbeitslosenquote liegt bei über 26 Prozent. Die Gewerkschaften machen seit Monaten gegen den Regierungskurs mobil. Für den 20. Februar ist ein weiterer Generalstreik angekündigt.
Steinbrück in Athen
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte bei einem Besuch in Athen, die Auswirkungen der Sparpolitik auf die Lage der Bevölkerung werde unterschätzt. Es gebe im Lande viele Arbeitslose, die Mittelschicht stürze ab. Man müsse dafür sorgen, dass die Konsolidierung nicht "eine tödliche Dosis hat", sagte Steinbrück. Der SPD-Politiker traf unter anderem mit dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias und Regierungschef Antonis Samaras zusammen.
wl/sti (dpa, afp, ap, rtr)