Rebellion im Haushalt - Frauen in Nepal fordern ihren Besitz ein
Auch wenn Vater oder Ehemann sterben, bleibt den Frauen häufig nichts, kein Eigentum. Zunächst dürfen sich nämlich die männlichen Verwandten an den Hinterlassenschaften des Verstorbenen bedienen. Auch bei einer Ehescheidung geht eine Frau meistens leer aus. Zumindest bisher.
47 Jahre warten auf den Ehemann
Bishnu Manandhar ist Anfang 60. Sie wurde bereits als Mädchen verheiratet und zog ins Haus ihres Ehemannes. Irgendwann wies ihre Schwiegermutter sie an, für zwei, drei Monate ins Haus ihrer Eltern zurückzukehren. Sie tat, was man von ihr verlangte und wartete darauf, von ihrem Ehemann wieder zurückgeholt zu werden. Denn eine Frau muss vom Mann abgeholt werden – eigenständig darf sie nicht zu ihm zurückkehren. Doch ihr Mann kam nicht. Stattdessen vergaß er sie, heiratete erneut und bekam Kinder mit seiner zweiten Frau.
Geduldet und geschlagen
Bishnu Manandhar blieb nichts anderes übrig, als bei ihren Eltern zu bleiben. Bis heute lebt sie in einem kleinen Zimmer in dem Haus, das ehemals ihrem Vater gehörte und dann in den Besitz ihrer Brüder übergegangen ist. Sie teilt das Zimmer mit ihrer unverheirateten Schwester. Ihre Brüder und auch deren Söhne schlagen die beiden 'nutzlosen' Frauen häufig.
Der lange Gang zur Rechtsanwältin
Vor einigen Jahren aber erfuhren Bishnu Manandhar und ihre Schwester vom „Legal Aid and Consultancy Centre“. Zwei Stunden Fußweg nehmen die beiden alten Frauen seither regelmäßig auf sich, um mit den Anwältinnen zu sprechen, die unentgeltlich für die Rechte mittelloser Frauen kämpfen. "Ich bot ihnen Stühle an, doch anfangs haben sich die beiden nicht mal getraut, sich hinzusetzen“, sagt Anwältin Anita Chapagain Sapkota über die beiden schüchternen Schwestern. Inzwischen sind die Frauen etwas selbstsicherer geworden. Ihre Chancen, vor Gericht einen Teil des Besitzes ihres Vaters und des früheren Ehemannes einzuklagen, sind gut. Seit kurzem zumindest, denn die rechtliche Lage der Frauen in Nepal hat sich in den vergangenen Jahren sehr zum Vorteil der Frauen verändert.
Die Göttin des Reichtums
Doch bis das, was auf dem Papier steht, auch wirklich von allen Frauen ganz selbstverständlich eingefordert wird, wird es noch dauern. Und das, obwohl die in Nepal für den Reichtum zuständige Gottheit eine Frau ist: Göttin Lakshmi. Die Hindu-Traditionen aber huldigen dem Mann. Und die Männer haben ganz Recht, wenn sie befürchten, dass sich die nepalesische Gesellschaft durch die neuen Eigentumsrechte der Frau tiefgreifend verändert.
Autorin: Katharina Borchardt
Redaktion: Peter Koppen