1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Raubkunst-Gemälde "Die Füchse" versteigert

Maria John Sánchez Stefan Dege
1. März 2022

Der Auktion war ein langer Raubkunst-Streit vorangegangen. Erst vor kurzem wurde das Gemälde an die Erben des einstigen jüdischen Besitzers zurückgegeben.

https://p.dw.com/p/47mhv
Zwei Männer halten das Gemälde "Die Füchse" von Franz Marc, auf dem zwei ineinander verschlungene Füchse zu sehen sind
Ein typischer Franz Marc: für seine Tier-Tableaus - hier Füchse - mit kräftigen Farben war er berühmtBild: Malcolm Park/Avalon/Photoshot/picture alliance

Für einen Rekordpreis von 45 Millionen Euro (37.000.000 britische Pfund) haben "Die Füchse" des expressionistischen deutschen Malers Franz Marc den Besitzer gewechselt. Nicht nur diese schwindelerregende Summe für das Ölgemälde ist beachtlich. Sondern auch die Tatsache, dass es überhaupt zu einer Versteigerung des Meisterwerks kam. Denn über 50 Jahre hingen die "Füchse" im Düsseldorfer Museum Kunstpalast, wohin sie als Schenkung des Kaufhaus-Unternehmers Helmut Horten gekommen waren.

Jüdischer Besitzer verkaufte "Die Füchse" nach seiner Flucht aus Deutschland

Ursprünglich hatte das Gemälde dem deutsch-jüdischen Sammler Kurt Grawi gehört, der es im Jahr 1928 gekauft hatte. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde der Bankier und Unternehmer im Jahr 1938 mehrere Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert.

Mit seiner Familie gelang ihm im Jahr 1939 die Flucht aus Deutschland nach Chile. In New York verkaufte er das Bild kurz darauf, um sich und seiner Familie das Überleben zu ermöglichen. 1961 gelangte es an den Unternehmer Horten und seit 1962 war das Gemälde im Besitz der Stadt Düsseldorf.

Streit um Status des Gemäldes

Mit der Restitution war die Stadt Düsseldorf einer Empfehlung der Beratenden Kommission für Raubkunstfälle gefolgt, die jedoch keineswegs unumstritten war. Denn die Empfehlung des Gremiums erfolgte nicht einstimmig, sondern lediglich mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Ein besonders heikler Streitpunkt war die Tatsache, dass Kurt Grawi das Gemälde erst nach seiner Emigration im Ausland - und damit außerhalb des einstigen nationalsozialistischen Machtbereichs - verkaufte.

Die Beratende Kommission vertrat den Standpunkt, dass "Die Füchse" restituiert werden müssten, da Grawi das Bild nicht verkauft hätte, wenn er nicht von den Nationalsozialisten verfolgt worden wäre. Die Stadt Düsseldorf argumentierte dagegen, dass sich das Gemälde außerhalb des NS-Machtbereiches befunden habe. Zudem habe Grawis Ehefrau nach dem Krieg zwar die Rückerstattung der erlittenen Verluste gefordert, nicht aber das Werk von Franz Marc angeführt.

Im Mai 2021 willigte die Stadt schließlich in die Restitution ein. Im Januar dieses Jahres ging das Gemälde an die Erben von Kurt Grawi, die das Kunstwerk nun vom Auktionshaus Christie's in London versteigern ließen. Eine Arbeit von Marc mit dieser Geschichte und Qualität sei seit mehr als 50 Jahren nicht mehr auf den Markt gekommen, sagte der Leiter der Abteilung für impressionistische und moderne Kunst bei Christie´s, Keith Gill.

Franz Marc, der Rebell

Als Künstler war Franz Marc (1880-1916) ein Rebell. Die Menschen seiner Zeit hielt er für zu materialistisch, zu kopflastig, zu technikgläubig. Dem setzte er seine Malerei entgegen: Bilder von unschuldigen Tieren etwa, die harmonisch in die große Natur eingebunden sind. Tableaus, deren Figuren er mit kräftiger Farbe Spannung verlieh. Ein Baum konnte da schon mal blau, ein Hase lila sein. "Marc stellte immer die Frage nach dem Verhältnis von Mensch, Kreatur und Schöpfung", sagt Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Leiterin des Franz Marc-Museums im oberbayerischen Kochel am See.

Zum Markenzeichen Marcs wurde sein blaues Pferd. Wie andere Künstler der Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg - Kubisten, Brücke-Künstler, Futuristen - hielt er der Natur nicht einfach den Spiegel vor. "Er formulierte eine Entsprechung", so Marc-Expertin Klingsöhr-Leroy, "eine neue Art der Malerei." Heute gilt Franz Marc als der romantischste aller Expressionisten. "Vielleicht würde er am ehesten die Kunstauffassung von Joseph Beuys teilen", glaubt die Museumschefin, "wonach wir mehr auf unsere Empfindungen hören sollten, wonach jeder Mensch ein Künstler ist, frei in der Gestaltung seiner Existenz." 

Viel Zeit, sich seinen Platz in der Kunstgeschichte zu ermalen, blieb Marc nicht. Er war kein Pazifist, sondern gehörte zu den Deutschen, die den Ersten Weltkrieg begrüßten. "Mein Herz ist dem Krieg nicht böse", schrieb er im November 1914 seinem Künstlerkollegen Kandinsky, "sondern aus tiefstem Herzen dankbar." Der Krieg, so hoffte Marc, würde Europa "reinigen". Anderthalb Jahre später war er tot, gefallen in der Schlacht von Verdun. Er wurde nur 36 Jahre alt. Er hinterließ 244 Ölgemälde sowie 261 Zeichnungen und Aquarelle. In Kochel am See, wohin er als junger Kunststudent für Zeichenstudien gekommen war, liegt er begraben. Hier steht seit 1986 ihm zu Ehren ein Museum.

Maria John Sánchez Autorin