Zypern-Lösung in Sicht?
1. Februar 2010Unter Leitung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begannen griechische und türkische Zyprer am Montag (01.02.2010) eine neue Verhandlungsrunde über die Vereinigung der geteilten Insel. Zwei Tage zuvor habe es bei Vorgesprächen erste Fortschritte gegeben, sagte Alexander Downer, der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs, in einer Fernsehsendung.
So hätten sich Vertreter beider Seiten auf eine Regierungs- und Machtverteilung geeinigt. Die zukünftige Verfassungsordnung der Insel ist nur eines von neun Verhandlungskapiteln. Als besonders konfliktträchtig gelten der Umgang mit Eigentumsansprüchen aus der Zeit vor der Teilung und die Frage von Grenzziehungen zwischen den zukünftigen Verwaltungsgrenzen. Downer sagte, die Führer der griechischen und türkischen Zyprer, Dimitris Christofias und Mehmet Ali Talat, seien mit "positiven Gefühlen" aus einem Treffen am Freitag (29.01.2010) herausgekommen.
Ban ruft zu Kompromissbereitschaft auf
Ban erklärte, er wolle die Gespräche intensiv fortsetzen und bis April 2010 eine Einigung finden. Diese müsse dann sowohl im griechischen als auch im türkischen Teil der Insel in Volksabstimmungen angenommen werden. Er habe aber "keine Illusionen, dass das Zypern-Problem leicht zu lösen ist". Gleichzeitig zeigte er sich zuversichtlich, dass eine Lösung "möglich ist, und in greifbarer Nähe liegt." Er rief beide Seiten auf, "Courage, Flexibilität, Vision und Kompromissbereitschaft" zu beweisen: "Ihre Zukunft liegt in Ihren Händen. Sie bringen den Prozess voran. Die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft sind sehr hoch. Unterschätzen Sie nicht die Vorteile, die eine Lösung bringt."
Die Verhandlungen könnten allerdings noch einen Rückschlag erleiden, da am 18. April 2010 im türkischen Nordzypern Wahlen stattfinden. Während des Wahlkampfes wird Talat nicht weiterverhandeln. Sollte sich zudem der Oppositionskandidat Dervis Eroglu gegen Talat durchsetzen, gerieten die Verhandlungen in akute Gefahr: Eroglu gilt als nationalistischer Hardliner, der eine Teilung der Insel befürwortet.
Ein ganzes EU Mitglied - aber nur zur Hälfte
Die UN leitet seit 1984 Verhandlungen zur Vereinigung von Zypern, die allerdings bislang nicht von Erfolg gekrönt waren. Zypern gehört seit dem 01.05.2004 zur Europäischen Union. Das EU-Recht gilt aber vorerst nur im griechisch-zyprischen Süden der Mittelmeerinsel. Der EU-Beitritt Zyperns war umstritten, weil die griechischen Zyprer einen von UN-Generalsekretär Koffi Annan vorgelegten Vereinigungsplan in einem Referendum abgelehnt hatten. Die türkischen Zyprer hingegen hatten ihn gebilligt.
Der Beitritt hat allerdings die Annäherung beschleunigt: Beide Seiten öffneten die Demarkationslinie für Personen- und Warenverkehr. Für die Türkei, die als einziger Staat den türkischen Teil Zyperns als souverän anerkannt hat, gilt der Zypernkonflikt nach wie vor als Stolperstein für eine EU-Annäherung.
Der Zypernkonflikt geht auf das Jahr 1961 zurück, als die Insel von Großbritannien unabhängig wurde. Nach der Unabhängigkeit kam es zu gewaltsamen Konflikten zwischen ethnischen Griechen und Türken. 1963 entsandte die UN 1963 Blauhelm-Soldaten, um den den Frieden zu sichern. Das gelang ihr aber nicht: 1974 verübte die griechische Nationalgarde mit Unterstützung des Obristenregimes in Athen einen Putschversuch, mit dem Ziel, Zypern an Griechenland anzuschließen. Daraufhin besetzte die türkische Armee Nordzypern.
Autor: Fabian Schmidt (dpa, AFP)
Redaktion: Julia Kuckelkorn