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Quade: "Hoffe auf Stimmung"

Olivia Gerstenberger3. März 2014

Zwei Wochen nach den Olympischen Spielen beginnen in Sotschi die Paralympischen Spiele. Der deutsche Chef de Mission Karl Quade hofft im DW-Interview auf einige Medaillen.

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Bild: picture-alliance/dpa

DW: Herr Quade, wir haben noch die schönen Bilder von London im Kopf - das waren die beeindruckendsten, die schönsten Spiele der Geschichte der Paralympics. Was erwarten Sie von Sotschi?

Karl Quade: Ich erwarte von den Spielen in Sotschi, dass exzellente Wettkampfstätten bereitgestellt werden für die Athleten, gute Dörfer, guten und sicheren Transport. Außerdem, dass der Zeitplan funktioniert und das Wetter mitspielt, das ist im Winter immer etwas kritischer als im Sommer. Ich erhoffe mir, dass zumindest eine gewisse Stimmung einsetzen kann. Winterspiele sind immer deutlich kleiner und logistisch komplizierter als Sommerspiele. Von daher kann man speziell in den Bergen nicht diese Zuschauermassen erwarten, wie es in London der Fall war. Aber ich hoffe, dass viele Zuschauer den Weg finden, auch frei den Weg finden und nicht delegiert werden und dass dort eine Stimmung herrschen kann an den Wettkampfstätten.

Sie haben es schon angesprochen: Bei den Olympischen Spielen hat es ein massives Sicherheitspaket gegeben: Busse wurden versiegelt, jeder Besucher und jeder Sportler eingehend durchleuchtet. Wie gehen Sie mit diesen Sicherheitsvorkehrungen um?

Die sind nicht schön, weil die gesamte Bewegungsfreiheit darunter leidet. Sie meinen, Sie sind am Flughafen, weil Sie ständig durch irgendwelche Schleusen gehen und durchleuchtet werden. Das ist unangenehm und sehr zeitaufwändig, immer wieder. Das ist aber keine Sotschi-spezifische Erfindung. Nach dem Attentat in Atlanta haben das alle Spiele danach mit sich gebracht.

Sprechen die Athleten überhaupt davon, ist das noch ein Thema?

Natürlich ist das ein Thema, die Athleten gehen ja mit offenen Sinnen durch die Welt, sie lesen die Presse, sie bekommen das mit, sie fragen auch: Wie ist das? Wir sind in ständigem Kontakt mit dem Auswärtigen Amt und mit dem Bundeskriminalamt, wo auch ein Beamter in unsere Mannschaft integriert ist, der den Kontakt hat. Die Frühwarnsysteme werden hoffentlich anschlagen, so dass sollte irgendetwas anstehen, wir hoffentlich frühzeitig informiert werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen können.

Bei den Olympischen Winterspielen sonnen sich zwei Zuschauerinnen an der Piste
Frühlingshafte Temperaturen gab es auch schon bei den Olympischen SpielenBild: KIRILL KUDRYAVTSEV/AFP/Getty Images

"Wettkampfstrecken werden schneesicher sein"

Ihre Wettbewerbe finden knapp zwei Wochen nach den Olympischen Wettkämpfen statt. Wie, glauben Sie, sind die Rahmenbedingungen auf den Bergen?

Die reinen Wettkampfstrecken werden schneesicher sein. Das wird irgendwie funktionieren, ob mit Chemie oder aufgrund der Temperaturen, wie auch immer. Es wäre natürlich schön, gerade bei Winterspielen, wenn auch die Umgebung winterlich ist. Aber das kann man nicht programmieren, das ist sehr unterschiedlich. Als wir im letzten Jahr im März da waren, war es oben nicht sehr winterlich, vorsichtig ausgedrückt. Am Schwarzen Meer sowieso nicht. Das kann sehr unterschiedlich sein. Kommt da eine Nordströmung, ist da sofort tiefster Winter, kommt da eine Südströmung, ist da Sommer. Ähnlich übrigens wie in Nagano, da war es genauso: Mit der Westströmung, sprich aus Sibirien war da Winter, mit allen anderen Strömungen war Nagano auch sehr frühlingshaft im März.

Winterspiele sind immer kleiner als Sommerspiele, wie viele Athleten werden denn nach Sotschi reisen und wie viele Wettkämpfe wird es geben?

Die deutsche Mannschaft, die mit über 150 Athleten in London war, wird jetzt im Winter gerade einmal 13 Sportler plus einige Guides umfassen. Weil sich die Eishockeymannschaft nicht qualifiziert hat, sonst wäre unsere Mannschaft doppelt so groß gewesen. Wir sind aber damit nicht eine sehr kleine Mannschaft. Gerade im Winter, da wir ja auch nur fünf Sportarten haben, sind die einzelnen Mannschaften sehr überschaubar. Wer keine Eishockeymannschaft dabei hat, der wird sich in diesem Bereich bewegen. Insgesamt erwarten wir auch nur 750 Athleten bei den Paralympischen Spielen. Davon werden 350 im Tal sein, die anderen in den Bergen. Es ist extrem überschaubar und viele Mannschaften werden auch noch viel kleiner sein als wir.

"Es ist alles möglich"

Die drei Goldmedaillengewinner von Vancouver, Verena Bentele, Gerd Schönfelder und Martin Braxenthaler sind dieses Mal nicht dabei, wer könnte denn in Sotschi für eine Überraschung sorgen?

Wir haben erfahrene Athleten, die nicht zum ersten Mal dabei sind. Wer zum ersten Mal zu Spielen fährt, ist meistens von der Größe und Intensität so beeindruckt, dass man nicht unbedingt mit einer Medaille rechnen kann. Aber eine der Athletinnen, Anna Schaffelhuber im alpinen Skisport, sitzende Klasse, war ja auch in Vancouver zum Lernen zum ersten Mal dabei und hat uns dort mit einer Medaille überrascht. So kann uns das auch mit anderen jungen Athleten passieren.

Wintersport Paralympische Spiele in Vancouver Verena Bentele
Die blinde Biathletin Verena Bentele (r.) gewann in Vancouver fünf GoldmedaillenBild: Getty Images

In Vancouver war das deutsche Team sehr erfolgreich und hat Platz eins der Nationenwertung belegt. Was ist denn Ihr Ziel für Sotschi?

Wir werden nicht den Platz an der Sonne erreichen wie in Vancouver. Das geht nicht durch den Rücktritt der drei absoluten Protagonisten. In Sotschi können wir das Ergebnis nicht wiederholen. Aber wir haben sehr aussichtsreiche Athletinnen und Athleten. Alle, die wir nach Sotschi schicken, haben Medaillenchancen. Der eine mehr, der andere weniger. Von daher hoffe ich mal, dass alles passt, dass beim Wettkampf die optimale Leistung abgerufen werden kann. Dann schauen wir mal, wo wir landen. Ich bin mir sicher, dass wir einen einstelligen Platz erreichen. Es ist alles möglich.

Karl Quade ist Chef de Mission des Deutschen Paralympic-Teams. Als Aktiver nahm Quade dreimal an Paralympischen Spielen teil und gewann 1988 Gold mit der deutschen Standvolleyball-Mannschaft.

Das Interview führte Olivia Gerstenberger.