Putin versetzt Klima-Protokoll einen Dämpfer
29. September 2003Eventuelle Hoffnungen auf eine rasche Ratifizierung des Klimaschutzprotokolls von Kyoto durch Russland haben sich am Montag (29.9.2003) zerschlagen. Das Klimaschutz-Protokoll werde nur dann unterzeichnet, wenn dies im nationalen Interesse sei, sagte Putin in Moskau zum Auftakt einer UN-Konferenz zum Weltklimawandel. Auf der fünftägigen Konferenz beraten rund 1200 Experten aus 43 Ländern über die Auswirkungen des Klimawandels.
Um in Kraft zu treten, muss das Protokoll aus dem Jahr 1997 von mindestens 55 Staaten ratifiziert werden, die 1990 für mindestens 55 Prozent des Schadstoffausstoßes verantwortlich waren. Da die USA, die damals ein Drittel der Emissionen zu verantworten hatten, den Vertrag inzwischen ablehnen, kann die Quote nur mit der Zustimmung Russlands erreicht werden.
Wirtschaftliche Folgen schwer zu kalkulieren
Russland sperrt sich vor allem wegen der Klausel zum Emissionshandel. Beim Emissionshandel sollen Betreibern von Industrieanlagen wie Kraft- und Stahlwerken, Zement- oder Papierfabriken jährlich abnehmende Verschmutzungszertifikate über den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und anderen Treibhausgasen zugeteilt werden. Überschüssige Rechte können an Unternehmen verkauft werden, die die festgelegten Verschmutzungsgrenzen noch nicht einhalten können. Auf diese Weise sollen Betriebe zu einer umweltfreundlicheren Produktion angehalten und die Emissionen kostenwirksam reduziert werden. "Wir wollen Garantien dafür, dass die Gelder fließen werden", fordert Alexej Gordejew.
Russland erfüllt die Kyoto-Vorgaben locker
Die Duma hätte bisher reichlich Gelegenheit gehabt, das Protokoll zu ratifizieren: es sind nun fast sechs Jahre vergangen, seit das Abkommen in Japan verabschiedet wurde. Und Russland hätte, ganz im Gegensatz zu den USA, keinerlei Probleme, die Klimaschutzziele des Kyoto-Protokolls zu erfüllen. Zum einen muss Russland als Volkswirtschaft im Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft überhaupt keine Klimagase einsparen. Zum anderen sind die Treibhausgas-Emissionen des Landes bis 1999 um 28 Prozent im Vergleich zu 1990, dem Basisjahr des Kyoto-Protokolls, gesunken.
Denn mit dem Untergang der kommunistischen Staatswirtschaft in der Sowjetunion sind zahlreiche unwirtschaftliche Unternehmen wie Zementfabriken, Stahlwerke oder Chemiebetreibe zusammengebrochen, die früher viel Energie verschwendet haben. Darüber, warum Moskau das Kyoto-Protokoll trotzdem nicht unterzeichnen will, gibt es Vermutungen. Timm vom BUND glaubt, dass es letztlich doch um Geld geht: Russland versuche den Preis für ein Ja hochzutreiben. Außerdem vermutet er, zögen die USA hinter den Kulissen die Fäden, damit die Russen, das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnen. Bereits auf vergangenen Klimakonferenzen wie denen in Bonn Marrakesch fielen die Russen durch unnachgiebiges Pokern auf.
Ohne Konsequenzen
Die Zeit für eine Ratifizierung drängt, im Dezember 2003 findet bereits die nächste Klimakonferenz in Mailand statt. Ohne eine russisches "Ja" droht eine weitere Konferenz ohne wirkliche Fortschritte wie 2002 Jahr in Neu-Dehli. Sollte sich Russland weiter querstellen, wäre das ein schwerer Rückschlag für das Klima. Doch Hoffnung bleibt: Denn wenn der Kyoto-Prozess scheitert, wird es auch nichts mit dem internationalen Emissionsrechtehandel und damit auch nichts mit den von den Russen erhofften Einnahmen in Milliarden-Höhe.