"Pussy Riot" pocht auf Meinungsfreiheit
8. August 2012Mit mutigen Erklärungen zum Abschluss ihres Prozesses haben die Musikerinnen der Punkband Pussy Riot ihre Protestaktion gegen die Wiederwahl von Wladimir Putin zum Präsidenten als freie Meinungsäußerung verteidigt und ihre Unschuld beteuert.
Entschuldigung bei Gläubigen
Zugleich entschuldigten sich die drei jungen Frauen bei den russisch-orthodoxen Gläubigen, falls sie ihre religiösen Gefühle verletzt haben sollten. Nadeschda Tolokonnikowa (22), Maria Aljochina (24) und Jekaterina Samuzewitsch (29) waren im Februar in der Moskauer Erlöser-Kathedrale zum Altar gestürmt und hatten vermummt und in Minikleidern ein gegen Putin gerichtetes "Punk-Gebet" gerufen.
Die Staatsanwaltschaft wertet die Aktion als "Rowdytum" und "Anstachelung zu religiösem Hass" und fordert je drei Jahre Haft. Die Frauen - zwei von ihnen Mütter kleiner Kinder - sitzen seit fünf Wochen in Untersuchungshaft. Präsident Putin und die russisch-orthodoxe Kirche hatten sich vor kurzem dafür ausgesprochen, die Frauen nicht zu hart zu bestrafen. Die Höchststrafe liegt bei sieben Jahren Haft. Richterin Marina Syrowa kündigte das Urteil für den 17. August an.
Vergleich mit Stalin-Zeit
Sängerin Tolokonnikowa verglich den Prozess mit den berüchtigten Schnellverfahren zur Zeit von Sowjetdiktator Josef Stalin: "Pussy Riot sind die Schüler und Nachfahren der Dissidenten." Gleichzeitig sagte die 22-Jährige in ihrem Schlusswort den "Kollaps dieses politischen Systems" voraus. Maria Aljochina sagte, sie fürchte keine Gefängnisstrafe. Ihre "innere Freiheit" könne ihr niemand nehmen. Die dritte Angeklagte, Jekaterina Samuzewitsch, wies die Anklage als "konstruiert" zurück. Im Gerichtsaal gab es immer wieder Applaus für die vielen Zitate der Frauen aus der Bibel und den Klassikern der russischen Literatur.
Unterdessen erreichten die internationalen Proteste gegen den Prozess einen neuen Höhepunkt. Pop-Superstar Madonna solidarisierte sich in ihrem Konzert in Moskau mit den Punk-Musikerinnen und forderte deren Freilassung. 121 Bundestagsabgeordnete aller Parteien erhoben in einem Schreiben an Moskaus Botschafter in Berlin schwere Vorwürfe gegen die russische Justiz und kritisierten die Strafandrohung als "drakonisch". Die Europäische Union und die Bundesregierung äußerten sich besorgt. Ein Sprecher von Außenminister Guido Westerwelle sagte: "Die Deutsche Botschaft beobachtet den Prozess nicht nur aus der Ferne, sondern war auch bei der Verhandlung anwesend und steht mit Anwälten der Gruppe in Kontakt."
wl/rb (dpa, rtr, afp, dapd)