Prozess zum Anschlag von Sousse eröffnet
27. Mai 2017Zum Prozessauftakt waren die Sicherheitsvorkehrungen hoch: Im Zusammenhang mit dem Anschlag in dem tunesischen Badeort Sousse müssen sich 26 Tunesier vor einem Gericht in der Hauptstadt Tunis verantworten. Zu den Angeklagten zählen auch sechs Polizisten, denen unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen wird. Die übrigen Vorwürfe wiegen schwerer: Den 20 Beschuldigten werden terroristische Taten, Mord und "Verschwörung gegen die Sicherheit des Staates" zur Last gelegt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft droht ihnen theoretisch die Todesstrafe. Das 2015 verabschiedete Anti-Terror-Gesetze sieht diese Strafe vor, allerdings gilt in Tunesien seit 1991 ein Moratorium für die Todesstrafe.
Anwälte der Hinterbliebenen in Tunesien
Anwälte der Opferangehörigen sowie Vertreter der britischen Botschaft nahmen an dem Prozessauftakt teil. Die nächste Verhandlungsrunde wurde für den 3. Oktober angesetzt. Eine britische Untersuchung warf der tunesischen Polizei schweres Versagen im Einsatz gegen den Attentäter vor. Die Reaktion der Polizei sei "bestenfalls stümperhaft und schlimmstenfalls feige" gewesen, fasste ein Ermittlungsrichter seinen Befund zusammen. Sicherheitskräfte am Strand hätten weder über Waffen noch über Funksprechgeräte verfügt.
Vor einem Strandhotel des tunesischen Küstenorts Port El Kantaoui bei Sousse hatte am 26. Juni 2015 ein 23-jähriger tunesischer Student 38 ausländische Touristen getötet, darunter neben zwei Deutschen auch 30 Briten. Der Täter wurde schließlich von Sicherheitskräften getötet. Nach Angaben tunesischer Behörden hatte sich der Student über das Internet radikalisiert und in Libyen ein Waffentraining absolviert. Zu dem Angriff bekannte sich die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).
Terrorismus - "ständige Bedrohung"
Der tunesische Regierungschef Youssef Chahed hatte jüngst erklärt, sein Land habe "wichtige Schritte im Krieg gegen den Terrorismus" unternommen. Es gebe aber weiterhin "Bedrohungen".
Der Anschlag von Sousse und ein wenige Wochen zuvor verübtes Attentat auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis zogen einen schweren Einbruch der tunesischen Tourismusbranche nach sich. Die britische Regierung rät ihren Bürgern seither von Reisen nach Tunesien ab, sofern es dafür keinen zwingenden Grund gibt.
pab/stu (afp, dpa)