Protestmärsche und Gewalt in den Golfstaaten
11. März 2011Viele Menschen in den Golfstaaten sind unzufrieden und ihr Wunsch nach demokratischen Reformen ist stark. So stark, dass sie trotz massivem Polizeiaufgebot nach den Freitagsgebeten (11.03.2011) auf die Straßen drängten, um von ihren Regierungen mehr Rechte einzufordern. Wieder gab es heftige Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, mindestens 17 Demonstranten wurden verletzt.
Jemens Präsident soll abtreten
Landesweit gingen tausende Gegner des langjährigen Präsidenten Ali Abdullah Saleh auf die Straßen und verlangten erneut dessen Rücktritt. Ausgangspunkt der Demonstrationen in der Hauptstadt Sanaa war die Universität. In ihrer Nähe war am Mittwoch ein Demonstrant erschossen worden. In der südlichen Stadt Aden wurden Berichten lokaler Medien zufolge mindestens 14 Demonstranten von Sicherheitskräften verletzt, als diese in die Menge schossen und Tränengas einsetzten. Die Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift "Ali, du Tyrann, hau ab!". In der Nähe der Stadt Mukalla eröffneten Extremisten das Feuer auf eine Militärpatrouille und töteten vier Soldaten. Wie die Nachrichten-Website "News Yemen" berichtete, vermuten Sicherheitskräfte Al-Kaida-Terroristen hinter dem Angriff.
Am Donnerstag hatte der seit 32 Jahren regierende Saleh angekündigt, eine neue Verfassung zu schaffen. In ihr solle die Unabhängigkeit des Parlaments und der Justiz garantiert werden. Dieses Angebot lehnte die Opposition jedoch als unzureichend ab. Anhänger Salehs organisierten am Freitag eine Gegendemonstration und warnten vor Chaos im Land.
Das Auswärtige Amt in Deutschland hat indes seine Reisewarnung für Jemen verschärft. Beobachter fürchten den völligen Zerfall des Landes, in dem Teile schon jetzt nicht mehr von der Regierung kontrolliert werden können. Der Jemen gilt als Rückzugsort internationaler Al-Kaida-Terroristen. Er ist eines der ärmsten Länder der Region.
Saudi Arabien erstickt Proteste im Keim
Die Straßen in Saudi Arabien blieben weitgehend ruhig, denn die Polizei zeigte massive Präsenz, um mögliche Proteste zu unterbinden. Auf Facebook hatte eine Gruppe aus Liberalen, Menschenrechtlern, moderaten Sunniten und Schiiten zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Die Oppositionellen fordern demokratische Reformen, wie etwa ein frei gewähltes Parlament.
Über einer Moschee in der Hauptstadt Riad kreiste ein Hubschrauber, in der Nähe standen voll besetzte Polizeiwagen, Passanten und Autofahrer wurden kontrolliert. Auch in der zweitgrößten Stadt Dschidda waren viele Polizisten unterwegs. Wie Einwohner berichteten, protestierten in der Stadt Hofuf im Osten des Landes etwa 200 Menschen. Agenturmeldungen zufolge wurden in El Katif, ebenfalls im Osten, drei Schiiten verletzt, als Sicherheitskräfte eine Protestaktion auflösen wollten. Bereits am Donnerstag waren Polizisten gegen Demonstranten vorgegangen. In der absoluten Monarchie, die sich nach außen als stabiler Öl-Exportweltmeister präsentiert, sind Demonstrationen streng verboten.
Angespannte Lage in Bahrain
Im kleinen Golf-Königreich Bahrain marschierten mehrere tausend Oppositionelle mit Flaggen und Blumen in Richtung Königspalast. Sie wurden von der Polizei gestoppt. Das Innenministerium hatte gewarnt, dass eine solche Aktion die innere Sicherheit des Landes gefährden würde. Gemäßigte Gruppen hatten die Absage der Demonstration gefordert.
Inspiriert von den Ereignissen in Tunesien und Ägypten protestieren Menschen in Bahrain seit Wochen immer wieder gegen das herrschende Regime. Doch anders als in den beiden nordafrikanischen Staaten spielen in Bahrain inner-islamische Konflikte eine Rolle. Während die Königsfamilie dem sunnitischen Islam angehört, ist die Mehrheit der Bevölkerung schiitisch und beklagt weitreichende Diskriminierungen.
Tränengasattacken in Kuwait
Trotz Verbots demonstrierten in Kuwait-Stadt nach den Morgengebeten mehrere hundert staatenlose Araber, um die kuwaitische Staatsbürgerschaft einzufordern. Sie wurden von Sicherheitskräften mit Tränengasgranaten beschossen. Die Staatenlosen hatten bereits im Februar mehrfach für mehr Bürgerrechte demonstriert. Zunächst sah es so aus, als wolle ihnen die Regierung der kleinen Golfnation entgegenkommen. Am Dienstag jedoch verwarf sie einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Am selben Tag waren, zum Teil unabhängig von dieser Entscheidung, Hunderte Menschen auf die Straßen gegangen, um den Rücktritt des Ministerpräsidenten Scheich al Sabah zu fordern.
Autorin: Julia Hahn (mit rtr, afp, dpa, dapd)
Redaktion: Sabine Faber