Predigen fürs Klima
2. April 2013Der heilige Franziskus von Assisi predigte im zwölften Jahrhundert, dass die Menschen jedes Geschöpf und die Umwelt achten sollen. Wie wichtig dieser Grundsatz auch in der heutigen Zeit noch ist, machte Papst Franziskus, das neu gewählte Oberhaupt der katholischen Kirche, in seiner Rede zur Amtseinführung deutlich. Darin rief er die Welt auf, die Umwelt zu schützen: “Lasst uns Hüter der Schöpfung, des in die Natur hineingelegten Planes Gottes sein, Hüter der Umwelt; lassen wir nicht zu, dass Zeichen der Zerstörung und des Todes den Weg dieser unserer Welt begleiten!”
Doch nicht nur im Christentum wird die Beziehung zwischen Mensch und Natur thematisiert, sondern in allen Religionen der Welt. Und die spielen für einen Großteil der Menschheit eine essenzielle Rolle, denn mehr als 80 Prozent der Menschheit glauben an eine höhere Macht.
Glaubensführer besitzen eine große Autorität
Welche Themen in den Mittelpunkt rücken, entscheiden die Glaubensführer. Sie legen die heiligen Schriften aus und entscheiden, welche Passagen besonders betont werden. "Sie nehmen Einfluss auf die Weltsicht der Menschen – und damit auf ihre Handlungen", schreiben die amerikanischen Ethnologen James Peoples und Garrick Baley in ihrem Werk "Humanity". So erzählen Imane ihren Gläubigen von der Lieblingsfarbe des Propheten Mohammed. Diese ist grün – ganz im Zeichen des Naturschutzes.
Die Glaubensführer besitzen in vielen Regionen der Welt eine große Autorität. Sie bieten ihren Gesellschaften Orientierung, sie regeln das Zusammenleben, bestimmen, welche Rituale bei Heirat, Tod oder Streitigkeiten durchgeführt werden und erklären das Unerklärliche und Mystische. Damit bestimmen sie zu einem gewissen Grad die Handlungen ihrer Gläubigen. Die Religionsführer wollen das nutzen und ihre Anhänger von Klimasündern in Klimafreunde verwandeln.
Klimaschutz predigen
Ob Hindus, Christen, Muslime oder Sikhs – alle sind vom Klimawandel bedroht. In der “Interfaith Declaration on Climate Change” fordern mehr als 100 religiöse und nichtreligiöse Gruppen die Staatsoberhäupter auf, verbindliche Ziele zu vereinbaren, um den Klimawandel einzudämmen. Die Unterzeichner der Erklärung wollen sich um die Moral ihrer Anhänger kümmern und ihnen nahebringen, dass die Ressourcen auf unserem Planeten begrenzt sind.
Schon 2009 einigten sich Vertreter von 30 Religionen und konfessionsübergreifenden Gruppen bei der religiösen Klimakonferenz "Many Heavens, One Earth" im britischen Schloss Windsor auf konkrete Projekte: Chinesische Buddhisten und Daoisten wollen etwa die Anzahl der brennenden Räucherstäbchen auf drei pro Person beschränken und damit die Luftverschmutzung vermindern, die Anglikanische Kirche und die Sikhs wollen mehr Solaranlagen auf den Dächern ihrer Gebetshäuser installieren.
Afrikanische Glaubensführer wollen ihre Schäfchen anscheinend erst einmal erziehen: Sie haben sich 2010 in einer Deklaration darauf geeinigt, in ihren Predigten regelmäßig den Klimawandel anzusprechen. Relevante Verse, welche die Rolle von Mensch und Natur beinhalten, sollen in Heiligen Schriften hervorgehoben werden. Und sie wollen ihren Anhängern eine klimafreundliche Lebensweise näherbringen.
Pro Trauung ein Baum
In Uganda predigt der Religionsführer der Muslime, Mufti Mubajje, seinen Anhängern jede Woche aufs neue, wie sie das Klima schützen können: keine Bäume abholzen, weniger Kohle verbrauchen, einen Baum pflanzen. Denn in dem ostafrikanischen Land fällen viele Menschen Bäume, um sie als Bau- oder Brennholz zu nutzen. Ganze Waldgebiete wurden schon zerstört.
Ein Bischof der anglikanischen Kirche der Region Bunyoro im Westen des Landes leistet einen besonderen Beitrag zur Wiederaufforstung. Er traut Paare oder tauft Babies erst, wenn die Menschen vorher einen Baum gepflanzt haben. Diese Projekte werden auch von internationalen Organisationen, wie dem Kulturinstitut "British Council", unterstützt.
Egal, ob durch weniger Kohle, weniger Räucherstäbchen oder mehr Bäume: wichtig scheint den Predigern nicht, wie und wie viel sich ihre Gläubigen für den Klimaschutz einsetzen. Wichtig ist, dass sie es tun. Warum, das hat schon der Nobelpreisträger Bischof Desmond Tutu auf der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 erklärt: "Wir haben nur eine Welt. Diese Welt. Wenn wir sie zerstören, dann haben wir nichts mehr." Moses hätte wahrscheinlich zugestimmt.