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Therapie für potenzielle Vergewaltiger

Clara Walther18. Februar 2015

Ein Sexualtherapeut will eine Ambulanz für Männer mit sexuellen Gewaltfantasien eröffnen. Er glaubt: Eine Therapie kann den Leidensdruck bei möglichen Tätern lindern - und Übergriffe auf Frauen verhindern.

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Mann sitzt nachdenklich auf einem Stuhl (Foto: Fotolia).
Bild: Fotolia/poco_bw

Schmerz, Trauer, Verdrängung, Scham - Vergewaltigungsopfer leiden oft ein Leben lang unter den Folgen des gewaltsamen Übergriffs. 7408 Frauen in Deutschland haben ihre Peiniger 2013 bei der Polizei angezeigt. Doch die Dunkelziffer der sexuellen Übergriffe ist noch viel höher.

Sexualtherapeut Uwe Hartmann glaubt, dass man solche Taten verhindern kann - wenn der Täter sich frühzeitig behandeln lässt. Sein Ziel ist es, an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eine Ambulanz für Männer mit Gewaltfantasien einzurichten. "Gewalttätige Übergriffe haben einen Vorlauf in der Seele und der Sexualität der Täter", erklärt er. "Jede Straftat, die wir verhindern können, ist etwas Positives." Zurzeit sucht der Wissenschaftler nach Geldgebern für eine Ambulanz, die Männer mit entsprechenden Fantasien behandelt.

Keine Lobby für potenzielle Vergewaltiger

Doch die Finanzierung ist nicht ganz einfach. Bislang gibt es nur wenige einschlägige wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit Vergewaltigern beschäftigen - auch weil es lange Zeit nicht als angemessen galt, den Tätern weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Doch Uwe Hartmann hält genau das für den richtigen Ansatz: "Ich bin bestimmt niemand, der sagt, das sind alles ganz arme Kerle und da müssen wir Verständnis haben", erklärt er im Interview mit der Deutschen Welle. "Mir geht es nicht um eine moralische Bewertung, sondern um die Frage: Können wir diese Menschen erreichen. Und können wir denen was anbieten, was hilft?"

Uwe Hartmann ist der Ansicht, dass potenzielle Vergewaltiger unter ihren Gewaltvorstellungen durchaus leiden. "Ich glaube, dass wir uns unsere Sexualfantasien nicht aussuchen", erklärt Hartmann. "Die sexuelle Entwicklung läuft nach anderen Gesetzmäßigkeiten. Ob man bei solchen Fantasien mehr Möglichkeiten zur Selbstkorrektur hat als beispielsweise bei einer pädophilen Neigung, das weiß ich nicht - aber es wäre spannend, es in einem Forschungsprojekt rauszufinden."

Erfahrung mit Pädophilen

Frau sitzt in einer Klinik auf der Liege, den Kopf in den Händen vergraben (Foto: dpa).
Opferschutzverbände wollen Taten verhindernBild: picture-alliance/dpa

Der Vergleich zu Männern mit pädophilen Sexualfantasien ist kein Zufall. Denn der Wissenschaftler aus Hannover hat bereits Erfahrung bei der Prävention von Sexualstraftaten. Seit drei Jahren leitet er eine Ambulanz für Männer, die sich von Kindern sexuell angezogen fühlen. Sie können sich hier anonym und kostenlos behandeln lassen. Ziel ist es, dass sie lernen, mit ihrer sexuellen Neigung umzugehen, ohne sich an Kindern zu vergreifen oder Kinderpornographie zu nutzen.

Das Konzept, das auch in anderen Standorten in Deutschland praktiziert wird, gilt als erfolgsversprechend. Das bundesweite Netzwerk "Kein Täter werden" gibt in einer Evaluation an, dass 80 Prozent der Männer, die zuvor Kinder missbraucht hatten, dies nach der Therapie nicht mehr taten. Keiner der Männer, die vor der Therapie noch nie sexuellen Kindesmissbrauch begangen hatten, wurde den Studien zufolge übergriffig - möglicherweise konnten hier also Straftaten durch eine entsprechende medizinische Behandlung verhindert werden.

Einzel- und Gruppengespräche für potenzielle Sexualstraftäter

Bei den Pädophilen müssen wir ganz klar die Ansage machen: Pass auf. Du wirst diese Neigung dein Leben lang nicht ausleben dürfen. Du musst sie kontrollieren", berichtet Hartmann aus seiner Praxis. "Bei Männern mit Vergewaltigungsfantasien gibt es die Möglichkeit, eine normale Sexualität ausleben zu können, weil sie sich für erwachsene Frauen interessieren." Hartmann möchte nun rausfinden, ob man diese Erkenntnis therapeutisch nutzen - und den Männern sexuelle Handlungsalternativen aufzeigen kann.

Mädchen hat den Kopf in die Hände gelegt (Foto: Fotolia/DW).
Wissenschaftler fokussieren auf Opfer und TäterBild: Fotolia/DW

Konkret möchte Hartmann in seiner Ambulanz Gruppen- und Einzelsitzungen anbieten. "Für die Betroffenen ist es sehr hilfreich, vor anderen auszupacken, denen es genauso geht", meint er. Innerhalb der Therapie soll nach den Ursachen der Vergewaltigungsfantasien gesucht werden. Wird deutlich, dass der Therapiesuchende seine Impulse überhaupt nicht steuern kann, sollen auch Medikamente zur Unterdrückung des Sexualtriebs eingesetzt werden.