Positive Signale aus Griechenland
29. Januar 2013Schon im vergangenen Sommer konnte Griechenland trotz jahrelanger Rezession einen leichten Produktionszuwachs verzeichnen. Neulich berichtete der Verband Griechischer Exporteure (PSE) von einem Anstieg der Ausfuhren auf Rekordniveau: Im Jahr 2012 haben Unternehmen aus Griechenland erstmals Güter im Wert von über 24 Milliarden Euro exportiert. Das entspricht einem Anteil von mehr als zwölf Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts.
Mittlerweile blickt der eine oder andere Unternehmer zuversichtlicher in die Zukunft. Der vom Athener Wirtschaftsinstitut IOBE (Stiftung für Wirtschafts- und Industrieforschung) erstellte Geschäftsklimaindex kletterte im Dezember 2012 eher unerwartet auf ein Zwei-Jahres-Hoch.
IOBE-Chefvolkswirt Angelos Tsakanikas sieht dies als ein gutes Zeichen. Er gibt aber zu bedenken: "Ein Zwei-Jahres-Hoch bedeutet hierzulande, dass 20 Prozent der befragten Unternehmer an eine Verbesserung der Lage glauben. Optimismus sieht eigentlich anders aus, aber immerhin machten noch vor zwei Jahren die Optimisten weniger als zehn Prozent aus." Entscheidend sei heute, dass die Gefahr eines griechischen Euro-Austritts gebannt scheint. Griechische Geschäftsleute hätten nichts so sehr gefürchtet wie einen Währungswechsel, mahnt der Ökonom. Denn dieser hätte ihnen große Verluste eingebracht und sie jeglicher Planungssicherheit beraubt.
Besserer Ausblick von Rating-Agentur
Die Rating-Agentur Standard & Poors geht ebenfalls davon aus, dass Griechenland in der Eurozone bleibt und hat aus diesem Grund bereits im vergangenen Dezember die Kreditwürdigkeit des Landes um sechs Stufen auf "B minus" angehoben - mit stabilem Ausblick. Nun üben sich auch viele Bürger in vorsichtigem Optimismus und bringen ihr Geld, oder zumindest einen Teil davon, zurück auf griechische Banken. Allein im Dezember 2012 sind die Bankeinlagen um vier Milliarden Euro gestiegen. Laut Presseberichten rechnen Zentralbank-Kreise damit, dass in diesem Jahr weitere 20 Milliarden dazu kommen.
Nicht nur deswegen sei 2013 ein entscheidendes Jahr für Griechenland, glaubt der Chefökonom des Athener Wirtschaftsinstituts IOBE: "Das vergangene Haushaltsjahr ist besser gelaufen als erwartet und 2013 rechnen wir fest damit, dass Griechenland erstmals einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet - den Schuldendienst nicht mitgerechnet. Das wäre ein Wendepunkt", beteuert Angelos Tsakanikas. Um dies zu erreichen, müsse man jedoch die nächsten Monate reibungslos über die Bühne bringen und das sei nicht einfach. Im ersten Halbjahr 2013 würden nämlich die im Herbst 2012 vereinbarten Sparmaßnahmen voll greifen, von den neuen Lohn- und Rentenkürzungen bis hin zu massiven Steuererhöhungen. Das sei Gift für die Binnennachfrage, die heute drei Viertel des griechischen Bruttoinlandsprodukts ausmache, gibt der Athener Ökonom zu bedenken.
Makis Andronopoulos, Wirtschaftsanalyst und Publizist, ist sich sicher: Wenn man das Glas halbvoll sehen wolle, lieferten die Athener Wirtschaftsdaten in den vergangenen Wochen eigentlich genügend Anhaltspunkte dafür. Das sei allerdings nur die positive Seite der Medaille, denn die Haushaltskonsolidierung und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gehe zu Lasten der Durchschnittsverdiener und der sozial Schwachen. Daher sei der Verlust des sozialen Zusammenhalts ein noch größeres Risiko als die Nichterfüllung mancher Sparvorgaben, befürchtet der Athener Ökonom:
Dramatische Folgen für die Bürger
"Im vergangenen Jahr sind die Löhne um elf Prozent und die Sozialausgaben um über zehn Prozent zurückgegangen, aber zum gleichen Zeitpunkt ist die Steuerlast um knapp 18 Prozent gestiegen", sagt Andronopoulos. Was in Bezug auf den Haushalt ein Erfolg sei, bringe dramatische Folgen für die Menschen. Doch nur wenn es gelinge, das soziale Gefüge einigermaßen zusammenzuhalten, habe das Sparprogramm Aussicht auf Erfolg, erklärt der Publizist.
Nachdem das griechische Programm für den Rückkauf von Staatsanleihen im Jahr 2012 erfolgreich durchgeführt wurde, haben die Euro-Finanzminister neue Finanzhilfen in Höhe von rund 34 Milliarden Euro für Athen freigegeben. Ein Großteil davon soll für die Rekapitalisierung maroder Banken verwendet werden. Dadurch fühlt sich die Athener Linksopposition in ihrer Kritik bestätigt, dass die Menschen bluten müssten, damit die Banken gerettet würden. Im neuen Jahr wird wohl viel davon abhängen, ob die griechische Mehrparteienregierung diesem Eindruck entgegentreten kann. Bis jetzt seien die Anzeichen nicht ermutigend, meint Makis Andronopoulos:
"Die Politik hat die Rekapitalisierung der Banken falsch kommuniziert und dadurch eine hohe Erwartungshaltung erzeugt: Die Menschen glauben nämlich, dass diese Milliarden direkt an die Bankkunden weitergeleitet würden, damit die Konjunktur anspringt." Das würde nicht passieren, sondern es gehe in erster Linie darum, dass die Banken stabilisiert werden und ihre eigene Kapitalerhöhung durchführen, meint der Wirtschaftsexperte.
In seinem jüngsten Griechenland-Bericht hat der Internationale Währungsfonds eine wohlwollende Beurteilung des Landes geliefert und den Eindruck entstehen lassen, das Schlimmste sei bereits überstanden. Der griechische Finanzminister Jannis Stournaras will jedoch keine Entwarnung geben: "Wir haben die Geschwindigkeit reduziert, mit der unser Schiff gegen Felsen getrieben wird. Es ist uns aber noch nicht gelungen, unseren Kurs zu ändern", erklärte Stournaras kürzlich im griechischen Parlament.