Portugal: Immer höhere Zinsen
21. März 2017"Die Zinsen sind das Instrument der internationalen Investoren, ein Land zu beurteilen. An ihnen erkennt man, was sie über Portugal denken", erklärt João Duque, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Management (ISEG) in Lissabon.
Wenn das stimmt, haben die Portugiesen allen Grund, sich Sorgen zu machen: Seit Monaten steigen die Zinsen, die Portugal zahlen muss - für Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit haben sie inzwischen die beängstigende Vier-Prozent-Grenze erreicht.
Während Deutschland immer weniger für geborgtes Geld bezahlen muss, wird dieser Posten im portugiesischen Staatshaushalt immer größer. Zuletzt musste Portugal 4,3 Prozent seiner Wirtschaftsleistung dafür aufwenden, so viel wie kein anderes Land in der EU. "Wir geben inzwischen mehr für unsere Schulden aus als für die Gesundheit unserer Bürger", rechnet Duque vor.
Die Staatsverschuldung lag 2016 bei mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung, nur Griechenland und Italien sind noch höher verschuldet. Kurzfristig, so João Duque, könne Portugal seine Zahlungsverpflichtungen zwar problemlos bedienen. Auf lange Sicht hätten die internationalen Geldgeber jedoch ihre Zweifel. Und das mache sich eben bei den Zinsen bemerkbar.
Schlechte Zukunftsaussichten
Niedrige Einkommen, die nur langsam sinkende Arbeitslosigkeit, vor allem jedoch die Überalterung der Bevölkerung in der Zukunft seien zum einen daran schuld. Denn das bedeute, dass der Staat in Zukunft viel mehr Geld für soziale Leistungen ausgeben müsse. Zum anderen war das Wirtschaftswachstum mit 1,4 Prozent zuletzt zwar höher als erwartet, ist aber zum Großteil dem Tourismus zu verdanken, auf den Portugal nur wenig Einfluss hat.
Bedeutende Wirtschaftsansiedlungen oder Investitionen hat es nicht gegeben, so sehr die Regierung auch dafür wirbt. Strukturell habe sich kaum etwas im Land verbessert, urteilt Duque: "Die Regierung kümmert sich mehr um die Umverteilung des nicht vorhandenen Reichtums als darum, endlich die Wirtschaft in Ordnung zu bringen."
Das könnte sich in der Zukunft rächen. Dass Portugals schon jetzt hohe Zinsen nicht noch mehr gestiegen sind, liegt vor allem an der Europäischen Zentralbank (EZB). Noch mindestens bis zum Jahresende wird sie Milliarden in die Krisenländer des Euroraumes pumpen, indem sie eigentlich wertlose Staatsschulden aufkauft. Wenn das Programm ausläuft, wird Portugal für Staatsanleihen wohl noch tiefer in die sowieso schon leeren Taschen greifen müssen.
Die Regierung jedoch gibt sich optimistisch: Im Laufe des Jahres würden die Zinsen wieder sinken, verkündete vor kurzem Regierungschef António Costa. Dann könnten die internationalen Investoren sehen, dass die Politik der von Kommunisten und dem Linksblock gestützten sozialistischen Minderheitsregierung greife, das Modell Portugal erfolgreich sei. "Wir wollen auch 2017 eine verantwortungsbewusste Politik machen", sagt der für den Haushalt zuständige Staatssekretär Mourinho Félix.
Spielraum wird knapp
Das sei nicht so einfach, findet der Ökonom João Duque: Neben Investitionen brauche Portugal vor allem qualifizierte junge Menschen, um sein Wirtschaftsproblem zu lösen. Die aus dem Ausland anzulocken, sei bei den niedrigen Löhnen jedoch noch schwerer, als portugiesische Jugendliche im Land zu halten. Viele junge Portugiesen flüchten nach dem Studium in andere EU-Länder.
Dazu kommt der Druck auf die Regierung, die über keine eigene Mehrheit im Parlament verfügt. Die Kommunisten und der Linksblock, die beiden Parteien, die das politische Überleben des Ministerpräsidenten António Costa garantieren, fordern - je nach Wählerstimmungslage mal lauter, mal leiser - die Neuverhandlung der portugiesischen Schulden. Das kompliziere die Lage weiter und schrecke potentielle Investoren ab, so Duque: "Ein Alleingang auf diesem Gebiet wäre eine Katastrophe für die Glaubwürdigkeit unseres Landes."
Die Sozialisten, die einen einseitigen Schuldenschnitt immer abgelehnt haben, spielen auf Zeit und hoffen, dass die geringen Verbesserungen, vor allem auf dem Arbeitsmarkt, von Investoren als vertrauensbildend eingestuft werden. Der Spielraum für Portugal aber wird knapp, selbst wenn daran auch die Weltwirtschaftslage eine Mitschuld trägt, wie die Regierung oft betont,
Sollten die Zinsen weiter über die Vier-Prozent-Grenze steigen, könnte auch die Ratingagentur DBRS ihre Meinung ändern. Sie ist die einzige der großen Agenturen, die Portugals Staatsanleihen noch nicht als Ramsch bewertet. Wenn sich das ändert, dürfte auch die EZB keine portugiesischen Staatsanleihen mehr aufkaufen. Und sich auf den internationalen Kapitalmärkten Geld zu leihen, wäre für Portugal dann wohl unbezahlbar.