Polens Bischöfe nennen Zahlen zu Missbrauch
15. März 2019Die katholische Kirche in Polen hat erstmals genaue Angaben zum Ausmaß sexualisierter Gewalt von Geistlichen gegen Minderjährige gemacht. 382 Priester und Ordensmänner sollen sich zwischen 1990 und Mitte 2018 an Kindern und Jugendlichen vergangen haben. Das teilte die Bischofskonferenz in Warschau zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung mit. Von den 625 mutmaßlichen Opfern seien 345 unter 15 Jahre alt gewesen.
Drei Viertel der 362 bekannten kirchlichen Prozesse gegen die Geistlichen seien bereits abgeschlossen. Dabei sei jeder vierte Priester aus dem Klerikerstand entlassen worden. Weitere 40 Prozent wurden nach Angaben der Bischofskonferenz suspendiert, ermahnt, oder ihnen wurde verboten, mit Minderjährigen zu arbeiten. Zehn Prozent der Geistlichen seien freigesprochen worden.
"Schmerz, Scham und Schuld"
Der Primas der katholischen Kirche und Gnesener Erzbischof Wojciech Polak drückte "Schmerz, Scham und Schuldgefühl" darüber aus, dass es zu solchen Taten gekommen sei. Vertreter von Opfervereinigungen kritisierten allerdings, die Geistlichen würden weiterhin von der Kirche geschützt. Sie bemängelten fehlende Informationen zur Verantwortung der Bischöfe, die Missbrauchsfälle vertuscht hätten, und verlangten Auskunft darüber, ob die Namen der Täter der Polizei übermittelt würden.
In dem zu 90 Prozent von Katholiken bewohnten Polen wird immer wieder über Missbrauchsvorwürfe gegen Priester berichtet. Hohe Würdenträger hatten die Opfer mehrfach öffentlich um Vergebung gebeten. Eine umfassende Aufarbeitung vonseiten der Kirche gab es bisher jedoch nicht.
Im Herbst hatte der Kinofilm "Klerus" den Druck erhöht. Er prangert sexuellen Missbrauch durch Geistliche sowie dessen Vertuschung an. Mit mehr als fünf Millionen Zuschauern ist er der meistgesehene Kinofilm in Polen seit dem Jahr 2000.
jj/ie (dpa, afp, kna)