Platzt der Weinstein-Prozess?
22. Februar 2020Im aufsehenerregenden Vergewaltigungsprozess gegen den ehemaligen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein (Artikelbild) scheint sich die Jury bei den schwersten Vorwürfen zu keiner klaren Haltung durchringen zu können. Die zwölf Jury-Mitglieder fragten den Vorsitzenden Richter James Burke, ob sie in allen fünf Anklagepunkten zu einer einstimmigen Entscheidung kommen müssten, oder ob sie ein solches Votum auch nur in drei Punkten fällen könnten.
Der Richter leitete die Frage an Anklage und Verteidigung weiter. Während Weinsteins Anwälte sich mit einer Teilentscheidung einverstanden erklärten, wies Staatsanwältin Joan Illuzzi-Orbon dies zurück. Burke selbst gab den Geschworenen keine Antwort, sondern forderte sie auf, weiter zu beraten. Später wurden die Beratungen der Jury auf Montag vertagt.
Der Hintergrund ist juristisch kompliziert: Weinstein wird in dem in New York geführten Prozess zur Last gelegt, 2006 einer Produktionsassistentin Oralsex aufgezwungen und 2013 eine Jungschauspielerin vergewaltigt zu haben. Aus den Vorwürfen wurden fünf Anklagepunkte abgeleitet: Zwei Anklagepunkte zu Vergewaltigung mit unterschiedlicher Schwere, ein Anklagepunkt zu einer kriminellen sexuellen Tat - konkret der Oralsex - sowie zwei Anklagepunkte zu wiederholten sexuellen Attacken. Die beiden letzten Anklagepunkte würden Weinstein als Wiederholungstäter brandmarken und könnten eine lebenslange Haftstrafe nach sich ziehen.
Einstimmigkeit notwendig
Die Geschworenen machten deutlich, dass sie in den ersten drei Anklagepunkten zu einer einstimmigen Entscheidung kommen könnten, bei den beiden anderen Anklagepunkten aber noch gespalten sind. Grundsätzlich ist für einen Schuldspruch Einstimmigkeit notwendig. Die Jury hatte am Dienstag mit ihren Beratungen begonnen. Kommt sie tatsächlich zu keiner einstimmigen Entscheidung in allen Anklagepunkten gegen Weinstein, würde der Prozess platzen und müsste wohl neu aufgerollt werden.
Der angeklagte Filmproduzent weist alle Vorwürfe zurück und spricht von einvernehmlichen sexuellen Beziehungen. Das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Weinstein hatte die weltweite #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt ausgelöst. Inzwischen haben mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Vergehen vorgeworfen.
nob/rb (afp, dpa)