Plastikmüll in der Arktis
14. August 2019Forschungen des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) haben in einer Studie nachgewiesen, wie weit die Vermüllung selbst entlegenster Gebiete vorangeschritten ist. Selbst in der Arktis wurde Mikroplastik nachgewiesen. Mit Schnee rieseln Mikroplastik-Teilchen mit einer Größe unter fünf Millimetern aus der Luft auf die Erdoberfläche. Wenn sie aufgewirbelt werden und in die Atmosphäre gelangen, werden sie mit Luftströmungen über weite Strecken transportiert, berichten die Wissenschaftler. Schnee bindet die Partikel dann und nimmt sie mit auf die Erdoberfläche.
Demnach liegt nahe, dass die Luft erheblich mit Mikroplastik verschmutzt ist. Mögliche gesundheitliche Auswirkungen sollten künftig genau untersucht werden, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin "Science Advances".
Unterschiedliche Belastungen
Die Wissenschaftler hatten Schneeproben analysiert: aus Helgoland, Bayern, Bremen, den Schweizer Alpen und aus der Arktis, dort sowohl von der Inselgruppe Spitzbergen als auch von mehreren Eisschollen. Sie schmolzen den Schnee, filterten das Wasser und untersuchten die Rückstände per Infrarotspektroskopie. So ließen sich die Kunststoffrückstände nachweisen und analysieren.
In nahezu allen untersuchten Proben fanden sich Mikroplastikrückstände. Der Gehalt an Schnipseln war in den Schneeproben aus der Arktis geringer als in den europäischen Proben, allerdings sei er immer noch "substanziell".
Im Schnitt fanden sich in den arktischen Proben 1760 Teilchen pro Liter Schmelzwasser. Auf einer Eisscholle hatten sich 14.400 Teilchen pro Liter gesammelt. Zum Vergleich: Die höchstbelastete Probe - neben einer Landstraße in Bayern genommen - barg 154.000 Teilchen pro Liter.
Die Größe der Teilchen lag zwischen 11 und 474 Mikrometern (Millionstel Meter), wobei die besonders kleinen Winzlinge überwogen: 80 Prozent aller Teilchen waren kleiner als 25 Mikrometer.
Beschichtungen und Reifenabrieb
Bei den Partikeln handele es sich unter anderem um Lackteilchen, Nitrilkautschuk und Polyamide. Sie können aus Beschichtungen von Fahrzeugen oder Gebäuden stammen, aus Abrieb von Reifen oder auch Schuhsohlen und aus zahlreichen anderen verbreiteten Kunststoffen. Nitrilkautschuk wird unter anderem für Schläuche und Dichtungen verwendet, weil er von Kraftstoffen nicht angegriffen wird und größere Temperaturschwankungen aushält. Solche Mikroplastikteilchen fanden sich auf der Insel Spitzbergen und auch im Schnee auf treibenden Eisschollen.
Passend zu den alarmierenden Ergebnissen reist Bundesaußenminister Heiko Maas an diesem Donnerstag in die kanadische Arktis, um sich über die geopolitischen Folgen des Klimawandels zu informieren. Ziel ist Pond Inlet, eine kleine Inuit-Siedlung mit nur 1300 Einwohnern. Die Eisschmelze dort führt zu Begehrlichkeiten der Anrainerstaaten, zum Beispiel was die Ausbeutung von Rohstoffen angeht. Die Erderhitzung macht sich in der Arktis am deutlichsten bemerkbar. Die Durchschnittstemperaturen steigen dort doppelt so schnell wie im Rest der Welt.
cgn/mak (afp, dpa)