Plan mit guten Aussichten
Der türkisch-zypriotische Führer, Rauf Denktash, tat sich nicht leicht, aber er lenkte ein. Vorerst zumindest: Nach tagelangem Hin und Her ließ Denktash UN-Generalsekretär Kofi Annan Ende November (27.11) wissen, dass er nun doch zu Verhandlungen über dessen Zypern-Plan bereit sei. Die Insel-Griechen hatten bereits kurz nach Bekanntwerden den Vorschlägen Annans zugestimmt. Der UN-Generalsekretär hatte den Plan als einen "vernünftigen und optimalen Vorschlag" für eine Regelung gepriesen. Er sei sich bewusst darüber, dass es eine schwere Entscheidung für beide Seiten bedeute, die "Mut, Weisheit und Vision" erfordere. "Ich bin zuversichtlich, dass sie dazu fähig sind", so Annan.
Vorbild Schweiz
Der Plan des UN-Generalsekretärs sieht vor, dass die Lösung des Zypern-Konflikts sich an der Schweiz orientiert: Griechen und Türken auf Zypern sollen eine gemeinsame Regierung mit rotierender Präsidentschaft bilden und die Türken sollen einen Teil der heute von ihnen kontrollierten 36 Prozent der Insel zurück geben und sich künftig mit 28,5 Prozent begnügen. Dies würde etwa der Hälfte der griechischen Flüchtlinge die Möglichkeit geben, in ihre Orte zurückzukehren, aus denen sie während der türkischen Invasion Anfang der 1970-er Jahre vertrieben worden waren.
Besonders Varosha, der griechische Teil von Famagusta an der Ostküste Zypern, aber auch Morphou im Nordwesten, sind solche ehemals griechischen Bevölkerungszentren. Obwohl griechische Flüchtlinge in den vergangenen Wochen für die Annahme des UN-Plans demonstrierten, ist aber unklar, wie viele von ihnen wirklich in ihre alten Orte zurückkehren würden.
Mehr Wohlstand durch EU
Auch die türkischen Zyprioten sind für eine Regelung, obwohl sie sicher nicht in die Dörfer im griechischen Teil zurückkehren würden, aus denen sie während und nach der Invasion geflüchtet waren. Die Türken versprechen sich aber von einer friedlichen Lösung eine Besserung des Lebensstandards: Einmal durch den freieren Handel über die - heute noch ziemlich hermetisch geschlossene - Demarkations-Linie zwischen griechischem Süden und türkischem Norden; zum anderen aber durch gemeinsame Projekte und vor allem durch den freien Handel mit der EU.
Der Wunsch der Insel-Türken erhielt besondere Unterstützung nach den Wahlen auf dem Festland. Die neue Regierung in Ankara setzt alles daran, ihren eigenen Weg in die EU durch Entgegenkommen gegenüber Brüssel zu erleichtern. Und ein Entgegenkommen wäre ein Nachgeben in der Zypern-Frage. Nur Rauf Denktash stellte sich bisher quer: Es scheint ihm schwer zu fallen, den Traum aufzugeben, Präsident eines unabhängigen Staates zu sein. Selbst wenn dieser Staat nur von Ankara anerkannt wird und ohne dessen massive Unterstützung nicht überleben könnte.
Guter Wille nötig
Athen wie auch die EU befürwortet den Plan von Kofi Annan. Und auch der amerikanische Außenminister Colin Powell war optimistisch, dass die Parteien ihn annehmen. Bisher gilt das Wort des abgewählten Bülent Ecevit noch, dass die Türkei den türkischen Norden von Zypern annektieren werde, sollte die EU nur den Süden aufnehmen. Dass solch ein Schritt ein schwerer Rückschlag für die Türken auf der Insel wie auf dem Festland wäre, scheint inzwischen auch in ihren Kreisen akzeptiert zu werden. Deswegen wohl nun der Ansatz zur Umkehr. Ein Ansatz ist freilich noch nicht die Lösung. Mit den Ideen Kofi Annans könnte die Annäherung beider Seiten aber gelingen. Dazu ist guter Wille auf beiden Seiten nötig und - immerhin - beide tun bisher so, als hätten sie diesen. (Bericht vom 29.11.2002)