Klaus Staeck zur Berliner GroKo: "Nichts ist erledigt!"
11. Februar 2018Deutsche Welle: Herr Staeck, wofür kämpfen Sie mit Ihren Plakaten?
Klaus Staeck: Als Kind habe ich es Gerechtigkeitsfimmel genannt. Ich kämpfe gegen Ungerechtigkeit. Und da gibt es immer was zu tun. Ich lege mich mit den Mächtigen an - während manche denken, gegen die könnte man sowieso nichts ausrichten. Das sind Großkonzerne wie Rheinmetall, Amazon oder Google und wie sie alle heißen, die Leute abzocken und ihre Reichtümer so erwerben, dass andere darunter leiden. Niemand fragt: Wieso ist eigentlich bei Aldi oder Lidl alles so billig? Auf wessen Kosten geht das Ganze? Diese Fragen öffentlich zu stellen, das ist meine Arbeit.
Woher nehmen Sie Ihren Optimismus, mit der Kunst etwas zu erreichen?
Die Demokratie bietet wie keine andere Staatsform die Chance, sich einzumischen und Fragen zu stellen, die andere möglicherweise nicht gern hören. Auf Antworten zu bestehen, das ist die große Chance der Demokratie. Die nutze ich, vielleicht auch deshalb, weil ich als Jugendlicher in der DDR die Unfreiheit erfahren und die Freiheit zu schätzen gelernt habe. Aber die muss verteidigt werden. Ich bin einer von vielen, die das mit satirischen Mitteln machen. Mein Credo ist, die unverschuldet Schwachen gegen den Übermut der Starken zu verteidigen. Und Sie können sich vorstellen, da hat man sehr viel zu tun.
Worauf sind Sie stolz?
Mein größter Erfolg war es, den Prozess gegen ganz große, mächtige Konzerne am Ende zu gewinnen. (Alle 41 Prozesse gegen Staeck gingen für den Künstler aus - Anm.d.Red.) Das waren Unternehmen, die nicht wollten, dass man Kritik übt, die nicht wollten, dass man öffentlich macht, wie sie im Geheimen agieren. Das hat mir Kraft gegeben für neue Aktionen. Ich komme aus dem Kleinbürgertum und bin nicht prädestiniert zum Kämpfer. Aber ich habe im Laufe meines Lebens gelernt zu kämpfen. Und Demokratie gibt es nicht umsonst. Die muss verteidigt werden. Da muss es ein paar Leute geben, die voran gehen und die anderen mitziehen können.
Notfalls auch die Mitglieder der GroKo? Welches Plakat passt zur künftigen neuen deutschen Bundesregierung?
Ich mache ja nicht Plakate zu aktuellen Ereignissen, ich bin kein Karikaturist. Aber ich bin ein genereller Gegner des "Weiter so". Über viele meiner Plakate, die hier hängen und schon 20, 30 Jahre alt sind, könnte man schreiben: "Nichts ist erledigt!". GroKo hin, GroKo her: Es ist eine Notlösung! Wer nicht zur Wahl geht und sich dann lustig macht über die Koalition, der kann mir gestohlen bleiben.
Auf Ihrem GroKo-Plakat stünde also: "Nichts erledigt"?
Nichts ist erledigt. Ich stempele inzwischen jeden Brief mit diesem Slogan. Es gibt auch ein gutes Gefühl – nämlich dass mir die Arbeit nie ausgehen wird.
Der Plakatkünstler, Graphiker und Jurist Klaus Staeck, Jahrgang 1938, wird am 28. Februar 2018 80 Jahre alt. Das Museum Folkwang in Essen zeigt aus diesem Anlass eine Retrospektive seiner Arbeiten. Mit Klaus Staeck sprach Stefan Dege.